Freitag, 8. Februar 2013

Schwarzer Mann

"Kuhstall" - welches Kommando kommt als nächstes?
Neulich haben wir in der Aula Kinderkarneval gefeiert. Der Kidorat - eine gewählte Vertretung der Jugendlichen und Erzieher des Kinderdorfes plus ich als berufene Vertreterin der Schwestern - hatte vorbereitet. Micha und Janine (alle Namen geändert) hatten die Spiele ausgesucht und führten durch das Programm. Die beiden sind schon ewig bei uns: klein gekommen und inzwischen fast volljährig wissen sie genau, wie der Hase läuft. Sie hatten tolle Ideen und eine schöne Art, mit den Kleinen umzugehen.
Irgendwann sagt Micha: "Jetzt spielen wir 'Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?'"
Schönes Spiel. Laufen ist gut für die Kleinen, sie wurden gerade etwas unruhig. Andererseits wurde der kleine Pädagoge in meinem Hinterkopf wach: Heißt das wirklich immer noch so? Zu Zeiten meiner Ausbildung wurde schon immer angemerkt, das sei doch rassistisch! Und ich habe mich mit Leuten gestritten, weil ich sicher bin, dass der "Schwarze Mann" ursprünglich schlicht und einfach der Schornsteinfeger war - schließlich wurde das Spiel schon lange gespielt, bevor in Deutschland der erste Farbige auftauchte.
Aber natürlich habe ich mich nicht eingemischt, die Jugendlichen hatten ja die Regie. Und schon fragt Micha: "Na, Toni, du bist unser Schwarzer Mann, oder?" und grinst dabei breit. Toni grinst zurück: "Klar!" 
Micha - kaum zu erkennen :)
Toni ist 10, kommt aus Ghana und war an dem Nachmittag mit Abstand das dunkelste Kind in der Aula. Wohlgemerkt: an diesem Nachmittag. Wir haben viele dunkelhäutige Kinder unterschiedlichster Herkunft in unseren Gruppen. Normalerweise kümmert sich keiner groß darum. Viele hier im Kinderdorf erzählen nicht gern davon, woher sie kommen. Es ist am besten, alle erst mal so zu nehmen, wie sie sind. 
Genauso das ist auch unsere Spiritualität: Gott interessiert sich nicht für unsere Vergangenheit, woher wir kommen, wer wir waren. Ihm geht es darum, wer wir heute sind - und ob wir ihn lieben.
Und während kluge und weniger kluge Menschen heiß über unseren "asiatisch aussehenden" Minister Rösler diskutieren, spielen unsere Kinder vergnügt und unbefangen: Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? Niemand!!!

3 Kommentare:

  1. Wunderbar unverkrampft, die Kinder.
    Mich erinnert es an ein schon länger zurückliegendes Ereignis - da hatte eine Lehrerin ihren Schülern nahebringen wollen, daß "Spasti" kein Schimpfwort sein sollte. Ist mit ihnen in eine Schule für Behinderte gegangen. Und die dortigen Kinder sagten was, wenn sie sauer waren? Genau: Ey, du Spasti.

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  2. Mit dem "schwarzen Mann" waren im Mittelalter Pestkranke gemeint, die schwarze Pestbeulen hatten. Jeder hatte vor Pestkranken Angst, und jeder rannte weg, wenn er die Pestglöckchen hörte, die die Siechen tragen mussten.

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  3. Danke, Susanne, für diese Ergänzung. Allerdings haben wir die homepage inzwischen erneuert und ich werde die Blogartikel nur nach und nach übernehmen können. Ob ich die Texte von 2013 auch mit rübernehme, weiß ich ncoh nicht. Aber sag mir doch mal, wie dir die neue Seite gefällt. Einfach auf www.bethanien-op.org und aktualisieren. :)

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