Donnerstag, 28. November 2013

Worum es geht

Unser Konvent in Lettland verschickt jedes Jahr an alle Freunde und Förderer zwei Briefe - einen zu Pfingsten und einen zum Advent. Da es Unsinn wäre, sie mit europäischem Porto von Riga aus zu verschicken, mache ich den Versand von unserer Verwaltung in Deutschland aus.
Jetzt sitze ich also in einem Wust aus Adventsbriefen, Umschlägen und Briefmarken. Eine schöne Arbeit. Sie wäre vielleicht auf Dauer ein wenig eintönig, würde mir nicht immer wieder beim Kuvertieren ein Satz ins Auge fallen: "Ein Kind ist uns geboren!" Noch ist es nicht so weit, aber wir gehen darauf zu, darum geht es, dafür lohnt sich alles.
Eine gesegnete Adventszeit!

Dienstag, 26. November 2013

Kleines Glück

Nicht weil es zur letzten ARD-Themenwoche passt, sondern einfach so fiel mir jetzt am Wochenende etwas ein: wieviel Glück ich doch habe. Nicht das Megalos der Fernsehlotterie, sondern kleines Glück.

Dass ich in ein fremdes Haus komme und die Gastschwester die Heizung ein klein bisschen höher gedreht hat, als ich es mir in meinem Spartick erlaubt hätte - das ist ein kleines Glück.
Dass ich beim Weihnachtsbasar mit mir ringe, ob ich noch Geld für eine Tasse Kaffee habe und dann spendiert mir eine Freundin einen, was zu einem richtig schönen Gespräch führt - das ist ein kleines Glück.
Dass beim gemeinsamen Aufräumen überraschend einer der Jungs mit einer letzten Schüssel frischer Pommes von Helfer zu Helfer geht - das ist ein kleines Glück.
Dass der schöne Text, den ich schon so lange vergeblich suche, plötzlich und ohne Kommentar einfach in meinem Fach liegt - das ist ein kleines Glück.

Kleines Glück haben wir alle, immer wieder. Es sind oft nur kurze Momente der Wärme und Freude. Die Kunst ist, sie nicht achtlos vergehen zu lassen, sondern sie wahrzunehmen, zu genießen, dafür dankbar zu sein und daraus Kraft zu schöpfen.

Mittwoch, 20. November 2013

Herbstdeko

Immer mal wieder verändere ich die Gebetsecke in meinem Zimmer. Im Moment ist dort Herbst. Aus den Exerzitien habe ich ein paar Eicheln und Kastanien mitgebracht. Als ich zurückkam, hatten mir meine Schwestern Blumen aufs Zimmer gestellt, die gehören auch dazu.
Inzwischen sind sie ganz vertrocknet und verwelkt.
Ich lasse sie trotzdem stehen. Nicht aus Faulheit. Nein.
Sondern weil das so gut in die Jahreszeit passt: alles stirbt jetzt.
Sogar meine Osterkerze hat den Anstand, allmählich zu verschwinden.
Das könnte einen traurig stimmen.
Tut es manchmal auch.
Aber dann wieder fällt mir ein: am kürzesten und dunkelsten Tag des Jahres...
da ist Weihnachten!
Da feiern wir die Ankunft Gottes in dieser Welt - ab da wird es wieder heller werden.
Und danach kommt dann irgendwann ziemlich sicher auch wieder ein Frühling.


Montag, 18. November 2013

Martinsmarkt-Verhandlungen

Wenn die Stimmung anfängt, sich dem Novemberwetter anzupassen (innen wie außen alles grau und kalt), dann ist es Zeit, schöne Erinnerungen hervorzuholen:
Gestern hatten wir unseren traditionellen Martinsmarkt im Schwalmtaler Kinderdorf. Ein Büdchen stand neben dem anderen mit Selbstgebasteltem, mit Aktionen für die Kinder oder mit kulinarischen Genüssen. Der Erlös geht seit Bestehen des Marktes an zwei Projekte in Togo und Südafrika. Seit er immer größer wird, bleibt ein Teil auch für das Kinderdorf. In diesem Jahr wird das Kinderdorf seinen Anteil mit den Menschen in den Philippinen teilen. Also eine gute Sache - aber immer auch einfach eine Gelegenheit, sich z.B. mit Adventsdeko zu versorgen und natürlich ein großes Kinderdorffamilientreffen.
Viele Menschen waren gekommen: Ehemalige mit ihren Familien, Freunde und Förderer, Nachbarn. Gerade hatte ich eine Freundin getroffen und mit ihr einen Glühwein getrunken. Jetzt wollten wir unsere Tassen zurückbringen. Für das Tassenpfand konnten wir am benachbarten Stand noch eine Waffel kaufen - gute Idee!
Am Waffelstand steht Herr B., der Leiter unserer Tagesgruppe. Ich frage ihn fröhlich: "Nehmen Sie auch die leere Tasse als Bezahlung für die Waffel? Es kommt grade aus!" Er pariert: "Nö, aber 'ne volle Tasse, die würd' ich akzeptieren!"
Normalerweise treffe ich ihn nur hin und wieder im Treppenhaus, denn mein Büro liegt fast genau neben der Tagesgruppe. Wenn er gerade losmuss, um Kinder abzuholen oder wegzubringen, dann begegnen wir uns manchmal und grüßen uns freundlich. Mehr nicht. Jetzt entdecken wir unvermutet, dass im je anderen mehr steckt. Mehr Spaß und Witz, als im Alltag normalerweise Platz hat. Und weil das so viel Freude gemacht hat, hat er seinen Glühwein bekommen - und mir erlaubt, darüber zu schreiben.
Ein kleiner, warmer Moment, den ich in meiner Erinnerung festhalte für kalte Tage wie heute. Genauso wie den Kaffee mit Heidrun und Sabine, die ich dann auch noch traf. Eine Begegnung, die mich auf andere Weise gewärmt und gestärkt hat - aber das wäre mal eine eigene Geschichte...

Samstag, 16. November 2013

Kleider machen Leute

Neulich war ich auf einer Sitzung. Normalerweise wäre ich dort in Tracht erschienen, aber ich war drei Tage lang fast nur mit Bahn und Bus unterwegs, in extrem schmuddeligem Wetter - da habe ich die Jeans vorgezogen. Ich bin froh, dass wir das selber entscheiden können!
Eine interessante Beobachtung am Rande war nun für mich, dass diese Kleiderwahl offensichtlich Auswirkungen hatte. Einige der anderen Teilnehmer kamen ganz normal auf mich zu, begrüßten mich freundlich, plauderten, fachsimpelten. Einige andere aber schienen mich gar nicht zu bemerken - und das, obwohl wir uns erst vor wenigen Wochen auf einer anderen Tagung getroffen hatten. Ob sie mich in ziviler Kleidung einfach nicht erkannten? Oder ob ich ihnen gar etwas suspekt war mit meiner bunten Weste?
Ich will hier nicht über Gedanken und Haltung anderer spekulieren oder urteilen. Aber wieder einmal ist mir klar geworden, dass ich erschreckend abhängig davon bin, wie andere mich ansehen. Kleider machen Leute, und wie man aussieht, so wird man angesehen. Das wissen wir, das akzeptieren wir. 
Aber sollte es bei uns nicht anders sein? Sollten wir - wenigstens wir Ordensleute, aber eigentlich wir Christen insgesamt! - nicht tiefer sehen und uns von Äußerlichkeiten nicht ablenken lassen? Natürlich sollten wir das! Aber leider habe ich kein Geheimrezept dafür. Ich kann nur jedes Mal, wenn ich mich dabei ertappe, wieder neu versuchen, mich daran zu erinnern: dass der Wert eines Menschen sich nicht daran bemisst, was für Kleider er trägt. Und dass das für mich genauso gilt wie für alle anderen!

Donnerstag, 14. November 2013

Freund des Lebens

aus dem Buch der Weisheit (Kapitel 11, 23 ff):

[Gott,] du hast mit allen Erbarmen, weil du alles vermagst, und siehst über die Sünden der Menschen hinweg, damit sie sich bekehren. Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von allem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehasst, so hättest du es nicht geschaffen. Wie könnte etwas ohne deinen Willen Bestand haben, oder wie könnte etwas erhalten bleiben, das nicht von dir ins Dasein gerufen wäre? Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, Herr, du Freund des Lebens.

Dienstag, 12. November 2013

Mein Gott!

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen,
bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage?
Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort;
ich rufe bei Nacht und finde doch keine Ruhe.
Aber du bist heilig,
du thronst über dem Lobpreis Israels.
Dir haben unsere Väter vertraut,
sie haben vertraut, und du hast sie gerettet.

aus Psalm 22

Sonntag, 10. November 2013

Gedenken

Gestern war der 75. Jahrestag der Reichspogromnacht.
Jedes Jahr am 9. November kommt die örtliche Realschule zu einem ökumenischen Gedenkgottesdienst in unsere Kapelle - natürlich auch dieses Jahr.
 Die Jugendlichen der 10. Klasse hatten sich im Unterricht auch praktisch mit dem Thema auseinander gesetzt. Die Ergebnisse waren so eindrucksvoll, dass ich einige davon gerne noch einmal weiter verbreiten wollte.
Der Gottesdienst endete mit der Fürbitte, die seit der Liturgiereform in der katholischen Kirche am Karfreitag für die Juden gebetet wird:
"Lasst uns ... beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat:
Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen,
damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will.
Allmächtiger, ewiger Gott,
du hast Abraham und seinen Kindern deine Verheißung gegeben.
Erhöre das Gebet deiner Kirche für das Volk,
das du als erstes zu deinem Eigentum erwählt hast:
Gib, dass es zur Fülle der Erlösung gelangt."


Donnerstag, 7. November 2013

Lebenssätze


Vor einiger Zeit hat mich ein guter Bekannter angesprochen und gefragt, ob ich als Kommunionhelferin im Krankenhaus tätig sein wollte. Da ich mir vorgenommen habe, dort ehrenamtlich zu arbeiten, wo viel Bedarf ist, habe ich zugesagt.
Am vergangenen Sonntag war ich wieder für diesen Dienst eingeteilt und wir hatten viele Patienten, die wir an diesem Tag besuchen sollten.
Oft haben wir nicht so viel Zeit,  denn wir müssen um 11.30 Uhr fertig sein. Das Mittagessen wird dann gebracht.
Gleich im ersten Zimmer hatte ich ein sehr schönes, intensives Gespräch mit einem Patienten. Ich habe viel Zeit auf das Gespräch verwendet, bevor wir miteinander gebetet haben.
Während des Gespräches habe ich immer wieder gedacht, dass ich sehr viel Zeit mit dem Patienten  verbringe und fragte mich, ob ich den anderen dann wohl noch gerecht werden könnte.

Im zweiten Zimmer ging es mir ähnlich. Zwei weitere Patienten wollten auch die hl. Kommunion empfangen.
Wir haben gemeinsam miteinander gebetet und Gott  in unsere Mitte gelassen.  Ein schönes Erlebnis.
Zu fortgeschrittener Zeit bin ich dann auch bei den anderen Patienten angekommen und siehe da, es war für alle ausreichend Zeit.

Ich bin froh, dass ich mich nicht habe treiben lassen. Ich bin froh, dass ich mich nicht auf den Gedanken eingelassen habe, dass ich "allen gerecht werden" muss.
An diesem Sonntag  habe ich erneut erfahren, dass sich alles zum Guten wendet, wenn ich auf meine innere Stimme höre und meiner Wahrnehmung vertraue. 
Das ist dann vielleicht die Gelassenheit, die mir oft fehlt, weil ich mich treiben lasse von vielen gelernten Lebenssätzen, die mal galten, jetzt aber ihre Berechtigung verloren haben.
Gut, dass ich das erleben durfte und hoffentlich passiert mir das immer öfter!

Montag, 4. November 2013

Ecclesia semper reformanda...

...oder: Dominikus und Katharina "under construction".
Neulich war ich mal wieder in Lage, einem der drei kontemplativen Dominikanerinnenklöster in Deutschland. Wenn ich Ruhe suche, bin ich da am besten aufgehoben.
Aber diesmal? Das halbe Haus war eine Baustelle! (Um es vorweg zu nehmen: ich habe trotzdem Ruhe gefunden!) Nun denkt man zur Zeit bei den Stichwörtern "bauen" und "Kirche" vielleicht unweigerlich an einen bestimmten Bischof, dessen Namen ich mir hier verkneife, damit mir niemand nachsagen kann, ich wollte die Zugriffszahlen auf unseren Blog mit falschen Suchbegriffen pushen.
Nein. Auch in der Kirche wird ganz seriös und notwendigerweise gebaut und renoviert, jawohl! Alte Häuser müssen einfach instand gehalten werden und genau dass macht das Bistum Osnabrück mit diesem seinem Kloster - das die Schwestern niemals selber unterhalten könnten.
Worum es mir hier geht: ich kam auf meinem Weg durch das Haus immer wieder an zwei Heiligenbüsten vorbei: Dominikus und Katharina von Siena, der Gründer unseres Ordens und sein wohl bedeutendstes weibliches Mitglied. Die Schwestern hatten sie sorgfältig in Plastik gehüllt, damit der Baustaub ihnen nichts anhaben konnte. Und plötzlich erschien mir dies wie ein Symbol für unsere Kirche:
Das äußere Gebäude muss hin und wieder umgebaut und ausgebessert werden. Die Kirche ist "semper reformanda", stets reformbedürftig. Dabei gehen die einen mit mehr Enthusiasmus vor als die anderen, manche stören sich mehr an Dreck und Lärm, andere nehmen beides gelassen als Begleiterscheinung der Erneuerung hin. Aber in einem sind sich alle einig: es gibt ein paar Dinge, die nicht verändert werden dürfen, die zu kostbar sind, zur Substanz gehören und die deshalb vor dem aufgewirbelten Staub geschützt werden müssen.
Ich glaube, es wäre nicht schlecht, uns bei allen Überlegungen und Konflikten, wieviel Reform unsere Kirche braucht, immer mal wieder in Erinnerung zu rufen, welche Schätze uns allen kostbar sind und was uns eigentlich zusammenhält. Eine gemeinsame Basis kann enorm hilfreich sein, wenn man klären will, wohin es eigentlich gehen soll...

Freitag, 1. November 2013

Allerheiligen im Krankenhaus

Die letzte Nacht habe ich  im Krankenhaus verbracht - bei Tobias (Name geändert). Tobias ist drei und aus unserem Kinderdorf in Schwalmtal. Es geht ihm schon wieder gut, aber bis heute morgen stand er noch unter Beobachtung und so haben seine Erzieher und ich uns an seinem Bett abgewechselt (seine Kinderdorfmutter ist gerade nicht da). 
Ich konnte erst um 21:00 Uhr, da schlief er friedlich. Mitten in der Nacht ging dann plötzlich Alarm, er hatte sich im Schlaf ein Kabel abgestrampelt. Jetzt standen wir beide hellwach vor dem laut piependen Gerät - getrennt von dem Gitter seines Bettchens. Es kam zu folgendem Dialog:
"Hallo Tobias! Das ist nichts Schlimmes, die Schwester kommt gleich und macht das blöde Ding aus." "Barara! Gehst du jetzt in die Kirche?"
So ist Tobias. Er hat mich irgendwann abgespeichert als eine von denen, die in die Kirche gehören. Und egal, wo wir uns sehen, ob ich sonntags zum Kaffeetrinken in seine Kinderdorffamilie komme, mit ihnen in Urlaub fahre oder eben jetzt um 4:00 Uhr morgens im Krankenhaus auftauche, als erstes fragt er mich: "Gehst du in die Kirche?"
Das ist Tobias, aber das ist auch Allerheiligen: Immer und überall sind wir zur Heiligkeit berufen. Wir alle sind die, die zu Gott gehören. Wir gehen nicht immer in die Kirche, aber wir sind die Kirche. Immer. Überall. Und wenn wir nach Gerechtigkeit dürsten, keine Gewalt anwenden, arm sind vor Gott, dann sind wir jetzt schon selig, sagt Jesus in seiner Bergpredigt.
Wir müssen uns nur hin und wieder daran erinnern, manchmal mit Hilfe eines Kindes.