Dienstag, 24. Juli 2012

"Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser...

... so lechzt meine Seele, Gott, nach Dir."
Unter diesem Thema standen die Tanzexerzitien die wir vom 19. - 22. Juli in unserem Kloster in Riga gehalten haben. 
Schon der heilige Dominikus betete in verschiedenen Körperhaltungen, eben mit Leib und Seele.                                                                                      


Die Tanzexerzitien bieten die möglichkeit mit dem Körper zu beten und die Schrift im Tanz zu meditieren.  Aber auch stille Meditation und Bibelstunden gehören neben den Begleitgesprächen mit dazu. 
Hier eineige Eindrücke aus der Abschlussrunde:
Ein Schritt zurück, damit begann jeder Tag der Exerzitien. Abstand gewinnen, oft wiederstrebt mir das, da ich im Alltag immer darauf bedacht bin weiter zu machen, zu bewältigen was vor mir liegt. Aber gerade dann, wenn ich nicht mehr weiß, wie es weiter gehen soll hilft es, einen Schritt zurück zu machen, die Perspektive zu verändern um zu sehen, wo der nächste Schritt gesetzt werden kann. Das werde ich mitnehmen.
Wer die Pausen überspringen will, sich den Sabbat eines Verweilens nicht gönnt, der kommt aus dem Tritt und nichts will mehr gelingen.
Auch Muskelkater kann dabei helfen die Sehnsucht nach Gott im Alltag wach zu halten.
Raum haben, ins Zentrum kommen, gehalten sein, all das ist im Tanz ganz praktisch zu erfahren und öffnet uns die Augen für unsere Beziehung zu Gott und unseren Mitmenschen. - Es war eine gnadenreiche Zeit und die vielen kleinen und großen, komplizierten und einfachen Schritte führten uns näher zu Ihm, der mit uns unterwegs ist, bis wir bei Ihm ankommen.

Sonntag, 15. Juli 2012

Zeit-Räume


Ich habe Ferien.
für zwei Wochen kann ich meinen Zeit-Raum selber füllen.
Ohne Verpflichtungen.
Oft kommt es mir vor, als ob die Zeit rennt und ich nur eine Schachfigur in diesem "Spiel" bin.
Ich vergesse oft, dass ich diejenige bin, die entscheidet. Ich entscheide wie ich meine Zeit einteile, wem ich erlaube über meine Zeit zu verfügen....
Viel zu oft lasse ich mich von „Außen“ bestimmen.
Jetzt will ich die freie Zeit nutzen mich darauf zu besinnen, was wesentlich für mich und mein Leben ist.
Dazu gehört vor allem meine (Groß-)Familie und meine Beziehung zu Gott.
Und für mich ist es gut, das Gebet wieder mehr in den Blick zu nehmen und zur eigenen Mitte zu finden.

Sich zu zentrieren und mit Gott meinen Weg gehen.

Zeit-Räume schaffen, in denen eine Begegnung mit Gott und lieben Menschen in meiner Umgebung möglich ist..
Sich den "Zeitdieben" bewusst werden und all das lassen,  was unnötig „Zeit frisst“.
„Sein“ zu können.  

(Michael Ende hat das in seinem Buch“ Momo“ gut zum Ausdruck gebracht und es ist auch für mich wieder mal "an der Zeit" darin zu lesen.)


Mittwoch, 11. Juli 2012

Auf der Höhe der Zeit

Gestern habe ich versucht, Sr. Maria zu helfen. (Bei mir heißen ziemlich viele Schwestern Maria - aus Gründen der Diskretion.) Sie hatte mich gebeten, mal nach ihrem Computer zu schauen: "Es sieht alles ganz anders aus als sonst, ich finde mich gar nicht zurecht" sagte sie.
Sr. Maria ist 83 und hat sich seit einigen Jahren mit dem PC angefreundet. Sie benutzt eifrig ihren email-account und ihr word-Programm - allerdings muss die Benutzeroberfläche übersichtlich sein und eben am liebsten immer gleich, damit sie sich orientieren kann. Sie konnte mir ein paar Dinge sagen, die ihr fehlten und ich konnte die verschwundene Symbolleiste wieder hervorholen - anderes blieb im Nebel. Wahrscheinlich hat ihr jemand einen anderen Browser eingerichtet, aber das konnten wir nicht klären. Ich bin ja auch kein Computercrack.
Ich habe großen Respekt vor Sr. Maria! Sie ist 40 Jahre älter als ich, geboren zu einer Zeit, als es noch keine Fernseher gab, für Privatleute auch keine Fotoapparate oder Telefone. Als die Computer in die Privathaushalte einzogen, war sie schon längst im Kloster, wo man nicht jede neue Spielerei mitmacht. Als dann das Internet für zivile Zwecke nutzbar gemacht und nach und nach in der Arbeitswelt unverzichtbar wurde, da war sie schon längst im Rentenalter. Trotzdem hat sie sich auf diese völlig neue, virtuelle Welt eingelassen, in der es so ganz anders zugeht als in der realen.
Ich finde das großartig und will ihr gerne dabei helfen, wenn ich kann. Vor allem wenn ich daran denke, wie unsere so technikbegeisterte Welt wohl nach weiteren 40 Jahren aussehen wird. Falls ich mal 83 Jahre alt werde - werde ich dann umgeben sein von jungen Menschen mit winzigen Geräten, die mir ständig sagen: "Aber das ist doch ganz einfach"? Werde ich dann noch auf der Höhe der Zeit sein? 

Freitag, 6. Juli 2012

Meine Oasen

Manchmal gibt es so Tage, da ist alles zuviel. Es strömt nur so auf einen ein, man bekommt nichts verarbeitet und funktioniert nur irgendwie.
Oase so oder...
Es ist kaum Zeit um innezuhalten und mal tief durchzuatmen.
Es ist kaum Zeit für alle verschiedenen Aufgaben, die getan werden müssen.
Es ist keine Zeit für Ruhe und Besinnung.
und manchmal weiß ich dann nicht mehr, wo mir der Kopf steht.
Und dann...
brauche ich eine Oase.




Für mich sind Oasen die Gebetszeiten am Tag, das Kerzen anzünden in einer Kirche und die Mitfeier der Eucharistie, das Lesen eines guten Buches, Spazieren gehen......
Solche Oasen tun einfach gut!


....hier verweilen
Eine solche Oase hatte ich am Dienstag, als ich bei der Messe im Kloster war. Das war Aufatmen, Kraft schöpfen, zur Ruhe kommen. Der Besuch in der Oase war  rundum wolhtuend. Und dann kann ich auch wieder "mein Kamel satteln und weiterreiten in die Wüsten des Alltags", die sich manchmal dann auch in Oasen verwandeln...

Danke für alle Oasen!

Export

Gestern habe ich Kleiderspenden für Riga gepackt. Immer mal wieder kommen Leute und bringen uns Sachen, die sie nicht mehr brauchen, die aber noch gut sind. Wir sind froh, denn viele Menschen in Lettland sind auf Hilfe angewiesen; unsere Rigaer Kleiderkammer wird rege besucht.
Also hab ich alles fertig gemacht, um die Sachen heute weiter zu bringen (Sr. Hannah organisiert dann den Transport nach Lettland). Da war jede Menge Kleidung, v.a. für Frauen und Kleinkinder. Auch Schuhe, Bettwäsche und Tischdecken. Vieles war sehr gut, ich bin sicher, dass sich die Schwestern in Riga und die Menschen, die in unsere Kleiderkammer kommen, darüber freuen werden.
Spielzeug war auch dabei. Ein paar Stofftiere, eine supercoole Weltraumstation, Star-Wars-Figuren (sowas haben wir vor 30 Jahren schon gesammelt, witzig!), Matchbox-Autos, ein großer Beutel Playmobil - Jungenspielzeug eben.
Mittendrin etwas überraschend eine Barbiekutsche. In der Kutsche ein Beutel: funkelnagelneue Panzer, Militärflugzeuge und -transporter, alles in schönen Tarnfarben.
Ich habe kurz überlegt, was ich tun soll: die Sachen waren wirklich kaum oder gar nicht gebraucht. Vielleicht das Geschenk eines Opas und Papa wollte nicht, dass der Sohn damit spielt? Würde sich in Lettland jemand darüber freuen?
Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich mich an dieser Art von deutschem Waffenexport nicht beteiligen möchte: dieses Spielzeug bleibt hier.


Dienstag, 3. Juli 2012

Wer gibt, dem wird gegeben

Heute bin ich reich beschenkt worden. Aber ich will von vorne erzählen: 
Letzte Woche hatte ich Lust, mal wieder einen Band Harry Potter zu lesen. Ich kenne sie alle ziemlich gut, hatte aber lange keine Zeit mehr für diese Art von Lektüre gehabt. Seit ich in diesen Konvent versetzt worden bin (jetzt schon fast 10 Monate), war ich immer um die Bände rumgeschlichen, sie standen in der Bibliothek bei den Romanen, leider nur Band 2-7, der erste fehlte. 
Jetzt also: endlich Zeit! Ich in die Bibliothek, wenn nicht den ersten Band, dann einen anderen. Aber... die Bücher waren weg. Nach langem Suchen hab ich schließlich die Bibliotheksschwester gefragt und sie gestand mir ziemlich reumütig: "Ich hab die Harry Potters verschenkt. Die liest ja hier keiner."
Och Mensch! Aber eigentlich kein Problem, wozu leben wir mitten in einem Kinderdorf? Bald hatte ich ein Haus gefunden, das mir den ersten Band lieh. "Klar, wir können Ihnen alle leihen. Wir haben die ersten sechs Bände. Nur der siebte fehlt uns."
Gleichzeitig hatte ich aber auch auf Facebook diese Geschichte erzählt - und etliche Antworten bekommen. Eine davon: "Ich hab die Bücher und die Hörbücher. Ich kann Ihnen die Bücher schenken. Ich bring sie Ihnen vorbei." Und so kam es, dass ich heute einen meiner Facebook-Freunde, einen altkatholischen Pfarrer, mal persönlich kennen gelernt habe. Wir haben uns gut verstanden und jetzt sind wir Schwestern im Besitz von allen sieben HP-Bänden.
Unsere Bibliotheksschwester sagt dazu: "Wann immer ich im Leben etwas verschenkt habe, habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich selber noch reicher beschenkt werde."