Nein, ich war nicht Papst.
Ich fand es zwar witzig, als die Bild-Zeitung titelte "Wir sind Papst", und stolz war ich irgendwie auch, dass ein Deutscher gewählt worden war - aber eher so wie ich auch stolz bin, wenn "wir" Fußballweltmeister werden. Und so hatte es die Bild ja wohl auch gemeint.
Inhaltlich war ich Joseph Ratzinger gegenüber skeptisch. Ich erwartete nichts Gutes von ihm - und war überrascht von seinem Auftreten beim Weltjugendtag in Köln 2005. Die Herzen der jungen Leute flogen ihm zu, die "Benedetto"-Rufe kamen auch in Deutschland auf, und er genoß es sichtlich, wenn auch zunächst etwas schüchtern und fast ungläubig.
Ich habe in Köln beschlossen, "Papa Benedetto" eine Chance zu geben und ich bin froh, dass er uns gezeigt hat, dass er mehr war als Kardinal Ratzinger. Auch wenn ich in den folgenden Jahren seines Pontifikates längst nicht mit allem einverstanden war, so glaube ich doch, dass wir in ihm einen guten Papst hatten. Einen mit Stärken und Schwächen - die wird der nächste zweifellos auch haben.
Vielleicht zeigt sein Rücktritt eine seiner größten Stärken: sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen. Er trat sein Amt schon an mit Äußerungen der Demut, er habe nicht gewählt werden wollen, fühle sich nicht würdig, zu alt usw. Seine Kritiker sagen jetzt, das habe er sagen müssen, reine Show. Ich glaube das nicht. Ich halte ihn für wirklich bescheiden und eben demütig, wenn er jetzt von seinen Grenzen spricht und freiwillig die Macht aus der Hand gibt.
Aber egal ob echt oder Show: er schreibt damit Geschichte. Er gibt uns ein Beispiel, wie man mit schwindenen Kräften und mit Verantwortung umgehen kann, und er hat das Verständnis des Petrusdienstes verändert, das Amt menschlicher gemacht, bzw. das Amt deutlicher vom Amtsträger getrennt. Noch weiß niemand, was für Folgen das haben wird, sie könnten bis hinein in die Ökumene reichen.
Nein, ich war nicht Papst. Aber ich zolle "Papa Benedetto" großen Respekt für diesen Schritt und wünsche ihm Gottes Segen für seinen Lebensabend.
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