Freitag, 27. September 2013

2. Station: Walpole

Die Gruppe ist weiter mit Ruth (Bethanienschwester und Gefängnisseelsorgerin) unterwegs.
Sr. Sara im O-Ton:
"Der Nachmittag in Walpole Prison verlief völlig anders und gehört zu dem Grausamsten, was wir je erlebt haben. Wir hatten die besondere Erlaubnis, mit Ruth und Charly, einem Freiwilligen, die Männer in Isolationshaft zu besuchen. Normalerweise dürfen nur die Seelsorger dorthin.[...]
125 Männer sitzen derzeit in Isolationshaft. Sie dürfen nur mit den Wärtern, medizinischem Personal und den Seelsorgern sprechen. Besuch ist nicht erlaubt. Das Leben spielt sich in Zellen von etwa 8 qm ab. Eine Stunde pro Tag haben sie das Recht, nach draußen zu gehen – in Käfige, wie Ihr sie von Guantanamo kennt. Das erfolgt in Begleitung von Wärtern und an Händen und Füßen gefesselt. Wenn sie duschen wollen, werden sie ebenfalls gefesselt, und fünf Wärter sind bei dieser Prozedur anwesend. Es gibt schmale Spalte in der Wand, die Tageslicht hineinlassen. Die Türen haben Fenster, so dass die Gefangenen bei allen Verrichtungen beobachtet werden können. Das Schlimmste ist, dass diese Strafe der Isolationshaft für viele Jahre ausgesprochen wird. Mancher der Gefangenen muss dort 10 Jahre und mehr verbringen. Eingesperrt und gehalten wie ein Tier… Etwa 65 % der Männer in Isolationshaft werden verrückt, die Suizidrate ist hoch.
Weil wir eine große Gruppe waren, durften wir die Gefangenen nicht allein besuchen, sondern hatten einen Wärter dabei. B., der erste, den wir besuchten, verweigerte daraufhin das Gespräch. Ruth und Charly sind die einzigen, mit denen er spricht. 10 Jahre ist er bereits in Isolation, und 18 weitere stehen ihm bevor. [...] Wie kann man eine Perspektive behalten unter solchen Umständen? Die Kontakte zur Außenwelt sind abgebrochen, nur eine Schwester, die ihn von Kindheit an kennt, hält ihm die Treue im Briefkontakt.
Wir gingen von Flur zu Flur, auf jedem Flur 10 Zellen. Ruth betrat jeweils den Flur und rief laut: Katholische Seelsorgerin ist hier! Wer wollte, kam dann an die Zellentür, und wer keinen Kontakt wollte oder schlief, machte es durch Wegbleiben deutlich. Es war ergreifend. Vielleicht ein Viertel der Männer wollte mit uns sprechen. Viele baten um den Segen. Unser Besuch, auch wenn es weiß Gott nicht immer und primär um Glaubensdinge ging, bedeutete den Männern viel: es gibt noch Menschen, die sie sehen und sie wie Menschen behandeln wollen. Drei der Männer, die einen speziellen Kurs „geistliche Formung für Männer in Langzeitisolation“ folgen, empfingen die Kommunion. Etwas Ergreifenderes kann man sich nicht vorstellen. Wir beteten miteinander, dann schob der Gefangene ein Blatt Papier unter der Tür hindurch, Ruth legte die Kommunion darauf und der Mann zog das Blatt Papier mit der Hostie zu sich herein und kommunizierte. Gott macht sich so klein, er braucht kein Gold und Silber, um auf so unvorstellbar reine Weise zu den Menschen zu kommen. [...] Gott ist gegenwärtig, und Menschen in der aussichtslosesten Situation vertrauen auf Ihn und leben aus seiner Gegenwart."

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