Donnerstag, 26. September 2013

1. Station: Bay State

Seit etwa einer Woche ist Sr. Sara (mit drei anderen Schwestern) in den USA unterwegs. Inzwischen hat sie uns geschrieben, zum bloggen kommt sie leider nicht. Deshalb geben wir ihren Brief hier ausschnittsweise wieder. 
Zuerst sind sie in Boston von zwei Mitgliedern der bethanischen Laiengemeinschaft abgeholt worden. Diese Gemeinschaft hat sich in und um das Männergefängnis in Norfolk gebildet (wir haben in diesem Blog schon darüber berichtet). Jetzt gab es also ein Wiedersehen mit einigen, die unsere Schwestern schon bei ihrer letzten USA-Reise kennengelernt hatten. Manche waren damals noch inhaftiert und sind inzwischen frei. Gemeinsam haben sie einen Bethanien-Tag begangen und Eucharistie gefeiert.
Ruth, Begründerin dieser Gemeinschaft, ist außer in Norfolk auch noch in zwei anderen Gefängnissen Seelsorgerin: Bay State und Walpole. Ab hier Sr. Sara im O-Ton:

"Am Freitagmorgen gingen wir mit [Ruth] nach Bay State. Dies ist ein Gefängnis der mittleren Kategorie, aber die Atmosphäre erinnert eher an ein College Camp als an ein Gefängnis. Wir mussten die Kontrollen über uns ergehen lassen: Schuhe und Gürtel aus, Schleier ablegen, keine Metallteile wie Uhren oder gar Handys mitnehmen, Körperkontrolle. In Bay State sind vor allem weiße Gefangene untergebracht und solche, die „keinen Ärger machen“. Die Atmosphäre ist recht entspannt, so seltsam das auch in einer Gefängnisumgebung klingen mag. Eine eigene Kapelle gibt es nicht, sondern nur einen Gemeinschaftsraum, und Ruth teilt sich ihr Büro mit dem Imam und der protestantischen Seelsorgerin. Der Imam bat uns um unser Gebet für seine Familie [in seiner Heimat]. Mit uns waren einige Freiwillige gekommen. Insgesamt waren wir etwa 25 Personen. Wir begannen mit einem Lied, und dann las einer der Gefangenen einen Text von Pater Lataste und wir tauschten uns darüber aus. Nach etwa einer Stunde kamen andere Gefangene dazu, und der Austausch ging lebendig weiter.
Zentrale Themen war bei allen Besuchen Gottes große Barmherzigkeit und die vorbehaltlose Annahme, egal was zuvor passiert war. Dies ist für die Gefangenen, aber auch für die Menschen, die am Samstag zum Besinnungstag zusammen kamen, die große Botschaft des Evangeliums. Das, was wir selbst immer wieder betonen, ist für die Männer im Gefängnis Wirklichkeit geworden: eine neue Chance, weil Gott uns so sieht, wie wir heute sind, und weil das Gestern vergangen sein darf. [...] Jede und jeder von uns weiß, auch wenn wir noch so sehr dem Ideal von Bethanien verhaftet sind, wie schwer es ist, die Mitschwester, den Mitmenschen, nicht jahrzehntelang so zu sehen, wie wir ihn oder sie irgendwann einmal erlebt haben, und sie auf ein Bild festzulegen, das Vergangenheit ist. Die Männer im Gefängnis und die Bethanien-Gemeinschaft in Norfolk und Millis versucht immer wieder, dies zu durchbrechen und aus dieser besonderen Gnade Gottes zu leben."
Am Nachmittag gingen sie dann nach Walpole, aber das berichten wir morgen...

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