Montag, 20. Mai 2013

Von Derwischen und anderen Tänzern

Hier ein weiteres Zitat aus Sr. Jordanas Buch "Auf einen Tee in der Wüste": sie ist immer noch in Konya bei den Sufis, erlebt also eine mystische Form des Islam (vgl.S.62-64):

"Dann betreten die Derwische, die Semazen, den runden Tanzplatz. Geführt vom Sheikh Effendi, dem Herrn und Oberhaupt des Ordens, schreiten sie in langer Reihe und mit langsamen Schritten über den Platz, der das Universum symbolisiert. [...] Schließlich fangen sie mit den Drehungen an, nicht alle zusammen, sondern einer nach dem anderen, wie ein Schwarm, der ausfliegt. [...] Nach einer Weile [haben sie] sich mit der Musik in Trance gedreht, die Köpfe sind geneigt, die Augen geschlossen. Aber sie stolpern kein einziges Mal, obwohl sie nichts sehen. [...]
'Ich kann nur tanzen, wenn du, Herr, mich führst', schrieb die Mystikerin Mechthild von Magdeburg in ihrem Buch Das fließende Licht der Gottheit, 'und falls du willst, dass ich den großen Sprung wage, singe du mir vor; dann springe ich in die Liebe, und aus der Liebe in die Erkenntnis, und aus der Erkenntnis in das Genießen, und aus dem Genuss über alle menschlichen Sinne hinaus - da will ich bleiben, wiewohl ich doch weiter kreise.'
Mevlana Dschalaluddin Rumi (islamischer Mystiker, der den Tanz der Derwische begründete) und Mechthild von Magdeburg waren Zeitgenossinnen, beide wurden im Jahr 1207 geboren. Welten lagen zwischen ihnen, sie konnten nichts voneinander wissen, doch wie ähnlich muss ihre Erfahrung gewesen sein, das begreife ich plötzlich. Nicht muslimisch, nicht christlich, nur in Gottes Umarmung."


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