Dienstag, 9. Juni 2015

Begeisterung


"Toll!" "Super!" "Die viele Arbeit hat sich echt gelohnt!" "Das müssen wir unbedingt wiederholen!" "Ich freu mich schon auf die nächste Jugendmesse."
So äußern sich Jugendliche und junge Erwachsene zu einem Jugendprojekt ihrer Pfarrei. Was war es? Ein Konzert? Eine Gospelmesse? Eine Jugendfreizeit oder aufwendige Auslandsreise? Nichts von alledem.
Die Jugendlichen hatten an Fronleichnam innerhalb der Prozession einen Stationsaltar gestaltet. Also: völlig normales Fronleichnamsfest mit völlig normaler Prozession, Messdiener, Weihrauch und was so an Drumherum dazugehört. Und natürlich mit dem völlig unverfälschten Kern: Jesus wird in Form der gewandelten Hostie in einer Monstranz durch die Straßen getragen und verehrt.
An dieser traditionellen Feier beteiligten sich die Jugendlichen also durch die Gestaltung einer von mehreren Stationen der Prozession und trugen so zur Verehrung des Allerheiligsten bei. Sie hatten dabei ihren eigenen Stil. Sie gaben ihrem Stationsaltar den Titel "Standsicher" und gestalteten ihn nicht konventionell mit weißem Tuch und Kerzen, sondern mit Holzpaletten und Schuhen. Sie hatten sich das gut überlegt und Texte dazu geschrieben.
Ich kenne diese ganze Aktion leider nur aus dem Internet. Genauer gesagt habe ich die Bilder entdeckt als Teil eines kleineren shitstorms, den ein besonders rechtsgläubiger Katholik losgetreten hatte. "Blasphemie!" "Unwürdig!" "Unfassbar!" So ungefähr waren die Kommentare zum Allerheiligsten auf einem Altar aus Schuhen. Virtuelle Prügel wurde angedroht, dem Bischof war das Ganze sowieso schon gemeldet worden.
Wohlgemerkt: auch diese Kommentierer kannten die Aktion nur aus dem Netz, kannten nur drei Bilder und interessierten sich weder für die Erklärungen der Jugendlichen, bzw. der begleitenden Hauptamtlichen noch für die Texte. In ihren Augen war die Sache klar: ein liturgischer Missbrauch, ein schweres Ärgernis, das man nach den Richtlinien von "Redemptionis sacramentum" umgehend dem Bischof nicht nur melden darf sondern sogar melden sollte.
Ich bewundere die jungen Leute, die sich nach und nach zu Wort meldeten, dabei aber ruhig und erstaunlich höflich blieben. Was sie sich an Beleidigungen gefallen lassen mussten, ist nicht zitierfähig. Ich kann durchaus verstehen, warum sich Menschen von diesen Bildern verletzt fühlen - wenn ich diese Gefühle auch nicht teile. Aber dass Katholiken derart hasserfüllt über andere Menschen herfallen, dafür schäme ich mich sehr.
Davon unabhängig ist die Frage, wieso diesen rechtsgläubigen Pharisäern ein weiß gedeckter Altar wichtiger ist als eine Gruppe begeisteter junger Leute, die offenbar wirklich intensiv über ihren Glauben nachdenken und ihn auch lebendig feiern. Aber das wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Eine Kirche, die nichts Besseres zu tun hat, als ihre eigene Jugend wegen liturgischer Formalitäten beim Bischof zu denunzieren, während um uns herum die Welt brennt und nach Erlösung schreit, verdient es auszusterben.
Aber nein, so negativ möchte ich diesen Artikel nicht beenden. Lieber möchte ich meinen Blick auf diese standsichere Jugend richten, die es bestimmt schaffen wird, die Botschaft vom barmherzigen Gott allen weiterzusagen, die sie hören wollen: bunt, froh, vom Heiligen Geist durchweht!

25 Kommentare:

  1. Den Kindern und Jugendlichen sollte man zuerst beibringen, wie es in einer Kirche aussieht und das man nicht in Leggings und Hautengen Shirts mit Gott in Kontakt tritt.

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    1. "Trottel" wäre hier leider beleidigend...

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    2. Lieber Herr Hamann, woher wollen Sie wissen, dass diese jungen Leute sich in der Kirche nicht auskennen? Und wieso darf man mit Gott nicht in Kontakt treten, wenn man hautenge Kleidung trägt? Davon habe ich noch nie gehört, aber ich lerne immer gern dazu.

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  2. Leider fehlt jedem das Wissen was die Realpräsenz Jesu Christi bedeutet! Einen Altar aus Schuhen gut zu heissen ist Blasphemie, da kann man nichts schön reden lieber Autor.
    LG, ein Püttlinger, der die Jugendarbeit kennt, nicht nur aus dem Internet!

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    1. Woher wissen Sie, wer die Realpräsenz Jesu verstanden hat und wer nicht? Im Übrigen gebe ich - im Gegensatz zu Ihnen - meine Identität preis. Ich stehe zu meinen Überzeugungen. Sie können mich also ruhig mit meinem Namen ansprechen. Oder behagt es Ihnen nicht, dass ich eine Ordensfrau bin?

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  3. Der in Diskreditierungsabsicht verwendete Begriff "rechtsgläubiger Katholik" für meine Perosn hält mich davon ab, mit in die Diskussion einzusteigen. Diese Stilfigur wird besonders gern im linksradikalen Antifa-Milieu verwendet, um so Nähe zu nationalsozialistischem oder doch zumindest antisemitischem Gedankengut zu suggerieren Ein Stilmittel, dass einer Ordensschwester der römisch-katholischen Kirche eigentlich fremd sein sollte. - Daher soll meine Replik auf diesen Blog-Beitrag lediglich aus dem letzten Satz aus Giuseppe Nardis Beitrag vom heutigen Tage bestehen: "Der Drang, Jugendlichen den Glauben nur „spielerisch“ zumuten zu können, heißt nicht nur, die jungen Menschen sträflich zu unterschätzen, sondern bedeutet auch eine Infantilisierung des Glaubens." und vielleichte dem Hinweis, dass zumeist jene, die sich an Buntheit erfreuen und sie fordern, nur Schwarz-Weiss denken. Immer nur in zwei Kategorien: liberal und konservativ, dynamisch und verstaubt, nachkonziliar und vorkonziliar, links und rechts, - das jeweils erstgenannte ist gut, das jeweils zweitgenannte schlecht. - Ganz nüchtern betrachtet aber fallen die liberalen Kirche des westens mit ihrer Modernität, mit Ihrer Öffnung zur Welt, mit ihrem Lebenswirklichkeitsangleichungswillen seit Jahrzehnten voll auf die Fresse. Kaum mehr Berufungen, schwindene Zahlen an Kirchenbesuchern, theologische Richtungsstreitigkeiten und ein Skandal nach dem anderen - Da sage ich mit dem ehemaligen Bischof Maximilian Ziegelbauer: Die alte Kirche war mir lieber. Ihr fehlte der Drang zur Selbstauflösung." http://www.katholisches.info/2015/06/09/horror-missae-unterhaltungsliturgie-in-der-dioezese-trier/

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    1. Vielen Dank, lieber Herr van Laack, dass Sie die Aussagen meines Artikels so trefflich bestätigen. Und jetzt darf ich Sie an Ihr Versprechen erinnern: Sie wollten in die weitere Diskussion gar nicht erst einsteigen.

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  4. Liebe Sr.Barbara,
    haben Sie den facebook thread wirklich gelesen? Die jugendlichen sind keineswegs "ruhig und höflich" geblieben und die Beleidigungen gingen nicht von den Kritikern der Aktion aus. Ich finde es beunruhigend, wie Sie versuchen, einen Keil tiefer zu treiben, den die Beteiligten - übrigens ziemlich stilvoll - übereinstimmend beiseite gelegt hatten.

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    1. Ja, liebe Frau Roemelt, ich habe den thread gelesen. Bedauerlicherweise wurde fünf Stunden nach dem stilvollen Ende der Diskussion der thread fortgesetzt - mit dem einschlägigen Artikel, der auf katholisches.info erschienen war. Mein Blogartikel ist dort gar nicht verlinkt. Dafür gibt es mehrere andere, wo er erscheint. Soll ich dort schweigen? Und was die Höflichkeit angeht: Ich gebe zu, dass im späteren Verlauf (so etwa am 7. oder 8. Juni) auch die Jugendlichen die contenance verlieren. Aber der allererste post, den sie auf ihrer eigenen Seite zu lesen bekommen, enthält u.a. diese Sätze: "Euer Pfarrrgemeinderat und der Klerus hat versäumt, Euch den Popo zu versohlen, nachdem Ihr das Konzept für diesen blasphemischen Murks präsentiert hattet! Aber das holen wir die Tage nach, auch wenn die Schuh-Show bereits Geschichte ist. " Das war am 5. Juni auf der Seite des Jugenddekanates, bevor die Jugendlichen überhaupt wussten, dass es einen Konflikt gibt, und ich habe in den nachfolgenden Tagen nichts vergleichbar Aggressives von ihnen gelesen.

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  5. Herzlichen Dank für Ihre klare Stellungnahme aus christlicher Haltung heraus, Sr. Barbara!
    Danke!

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  6. Man sieht hier sehr schön wie weit man mit der nachkonziliaren Erneuerung gekommen ist es ist ein neuer Glaube geworden
    die Bischöfe sollen endlich aufhören von einer Einheit zu reden es gibt sie längst nicht mehr das natürlich die austerbenden nachkonziliar orientierten Frauenorden alles tun "modern" zu sein
    ist nur logisch
    der lieben Sr Barbara kann ich nur diese Dominikanerinen und ihre Jugendarbeit ans Herz legen
    http://www.fsspx.de/de/media/video/film-wallfahrt-der-dominikanerinnen-nach-rom-8376

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    1. Lieber Privatier, wir können gerne über die nachkonziliare Erneuerung diskutieren. Das ist ein sehr heikles Thema, mit dem man nicht so rasch an ein Ende kommt. Nur: es ist gar nicht MEIN Thema in diesem Artikel. Mein Thema ist der respektvolle Umgang miteinander und die Frage, wieso wir es uns leisten, unsere Jugend derart vor den Kopf zu stoßen. Natürlich gibt es Jugend, die traditionell pilgert. Ich habe in Lettland gelebt, ich war mittendrin. Aber wenn es Jugend gibt, die Gott anders erfährt und Kirche anders lebt - mit welchem Recht machen wir sie nieder? Ist das im Sinne Jesu? In wessen Namen handelt jemand, der die eigene Jugend derartig aggressiv beschimpft? Gibt der ein gutes Zeugnis der barmherzigen Liebe unseres Gottes? Darum geht es mir.

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  7. Liebe Sr. Babara,

    vielen Dank, dass Sie sich für die Jugendlichen einsetzen und für die Notwendigkeit und Chance, dass sie ihren Glauben ausprobieren und ihm eigene eigene Gestalt geben. Ich denke, Jugendliche brauchen Menschen wie Sie, die zulassen und hinter die Oberfläche schauen.

    Ich wünsche Ihnen viel Kraft, auch weiterhin mit Rückgrad für die Kids einzustehen und die Contenance zu bewahren, wenn der Shitstorm über Sie hereinbricht. Danke für ihre Gedanken!

    LG Andrea

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  8. Liebe Sr. Barbara,
    den Menschen zugewandt, mit offenem Herzen - so wie Sie wünsche ich mir die Kirche.
    Alles Gute und Gottes Segen!
    Gudrun Lux

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  9. P. Maurus Runge OSBFreitag, 12 Juni, 2015

    Liebe Sr. Barbara,

    ich durfte letzten Dienstag am Studientag "Jugend und Orden" der DOK-Vollversammlung der Höheren Oberinnen und Oberen mitwirken und kann nur sagen, dass dort ein offenerer und lebendigererer Geist wehte als in so manchen Kommentaren hier. Die Bereitschaft, von den jungen Menschen zu lernen und dabei durchaus auch unkonventionelle Wege zu gehen, war spürbar. In diesem Sinne: Sie sind nicht allein!

    Herzliche Grüße,
    P. Maurus

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  10. Einzig an dem Begriff "Pharisäer" stoße ich mich ein wenig, da der historisch nicht passt. Pharisäer waren viel mehr Jesu Freunde, als man das mit diesem Begriff heute verbindet. Das ist insofern hier relevant, als dass sie gemeinsam eine Streitkultur hatten, die bei solchen Themen wie den Beschriebenen eben fehlen...

    Unabhängig davon: Ich habe als Kind an meiner Kinderbibel geliebt, dass das Volk Gottes unterwegs aus gesammelten Steinen einen Altar baute, egal wo man grade war, - um mit Gott zu reden.

    Ich habe zudem gelernt, dass Gott jeden Einzelnen als Einzelnen wahrnimmt und liebt.

    Und dass wir nicht richten sollen, weil wir das vertauensvoll in Gottes Hände legen können.

    Insofern schüttele ich nur wundernd und nicht-verstehend meinen Kopf, wenn ich hier so manchen Kommentar lese...

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    1. Ich verstehe Pharisäer zwar nicht unbedingt als Freunde Jesu, aber als aufrechte Gottsucher und Gesetzeslehrer. Sie waren sehr darum bemüht, "richtig" zu glauben, Gott zu ehren und Gesetz und Tradition zu wahren. Daran ist nichts Schlechtes! Nur haben sie manchmal den Buchstaben des Gesetzes so genau betrachtet, dass ihnen der Geist des Gesetzes aus dem Blick geraten ist. In diesen Fällen sind sie mit Jesus in Konflikt geraten. In diesem Sinne habe ich den Begriff benutzt.
      Der Hinweis auf den Altar auf der Wanderschaft finde ich sehr schön, danke. Natürlich gibt es unterschiedliche Aussagen dazu in der Bibel, weil das Volk Israel in ständig wechselnden Lebenslagen Gott erlebt hat. Aber genau das bestätigt eigentlich den Gedanken: man kann schwer sagen: "Wir machen es, wie es immer schon war."

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  11. Vielen Dank an Andrea, Gudrun und Maurus! Danke besonders für die Ergänzung, dass wir von den kommenden Generationen selber auch lernen können! Wenn wir dazu nicht mehr bereit sind, können wir uns gleich begraben lassen, das sieht man an den Ordensgemeinschaften immer wieder. Das heißt nicht, dass gleich alles umgeworfen und geändert wird - aber es darf eben auch nicht krampfhaft alles bleiben, wie es "immer schon" war.

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  12. Von der kommenden Generation zu lernen, einen ästhetischen Missgriff als Altar zur Fronleichnamsprozession auszugeben, scheint mir nicht wirklich einen Lernfortschritt zu bedeuten. Aber bitte, wem das genügt. Inhaltlich hätte ich allerdings auch nun wirklich die Frage, ob es tatsächlich eine Idee hinter der Verwendung von Paletten und Schuhen gegeben hat. Darauf hat in den beiden Threads leider niemand eine wirkliche Antwort gegeben.

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    1. Es hat bisher auch niemand danach gefragt. Die massiven Verurteilungen und Beschimpfungen erfolgten samt und sonders ohne die Nachfrage nach Gründen. Natürlich hat es eine Idee "dahinter" gegeben. Falls Sie wissen wollen welche, müssten Sie anders fragen, weniger beleidigend. So nehme ich Ihnen nicht ab, dass Sie wirklich wissen wollen, was die Jugendlichen bewegt hat.

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    2. Sie beweisen mit Ihrer Antwort leider nur, dass Sie die Threads nicht (gründlich) gelesen haben. Selbstredend wurde nachgefragt - ohne Antwort. Und Sie scheinen auch keine Ahnung davon zu haben, sonst hätten Sie mich doch sicherlich an Ihrem Wissen Anteil gewährt, statt mit bösartigen Unterstellungen zu arbeiten.

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    3. Leider bin ich nicht ganz sicher, was Sie meinen, Anonym. Ich soll Ihnen Anteil an meinem Wissen gewähren? Wann haben Sie mich etwas gefragt? Oder tauchen Sie in der Diskussion schon einmal unter anderem Namen auf? (Klingt fast nach Plagosus Orbilius...) Tut mir wirklich leid, aber so kommen wir nicht ins Gespräch. Im Übrigen ist die Diskussion glaube ich kalt.

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  13. Mit dem Begriff "Realpräsens" wurde in einem Kommentar gegen den Altar aus Paletten und Schuhen argumententiert. Aber Jesus ist Mensch geworfen - mit Leib und Seele. Und wenn dieser Mensch Jesus wirklich in "dem Allerheiligsten" präsent ist, was bedeutet dieser Glaube dann? Ein Zimmermannssohn hat zu Holzpaletten sicherlich keine Berührungsängste, und hat auch Schuhe getragen (oder sich welche gewünscht, wenn er barfuß durch die staubige Gegend gelaufen ist). Jesus ist doch kein Tafelgeschirr, das auf feine Decken und schicke Kleigung angewiesen ist!

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  14. Ich habe mich jetzt nicht näher mit dem Altar beschäftigt und den Aussagen, die damit gemacht werden sollten, aber von ihrem Artikel ausgehend, bin ich davon überzeugt, dass Jesus ihn klasse gefunden hätte! Erinnern sich alle, die 'Blasphemie' schreien eigentlich daran, was Jesus so gemacht hat? Was er über die Pharisäer gesagt hat? Mit wem er alles Kontakt hatte?

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