Sonntag, 28. Juni 2015

Wackelzahn

Manchmal ist es ganz schön schwierig, in der Kirche ernst zu bleiben. Auch wenn es eigentlich um tiefere Dinge geht... Ich erzähl mal der Reihe nach:
Heute in der Messe  bin ich wie üblich zur Kommunion gegangen. So richtig können wir Menschen ja nicht verstehen, welches Wunder dort passiert, aber wenigstens versuchen wir es. Gott wird Brot, er macht sich winzig klein, um uns nahe zu sein. Mit solchen oder ähnlich frommen Gedanken stehe ich also in der Reihe, bin dran: "Der Leib Christi." "Amen." Schon will ich wieder zurück an meinen Platz, da sehe ich aus den Augenwinkeln neben mir Moritz*. 
Moritz ist fünf und weiß natürlich, dass er da vorne noch nicht dieses komische Plätzchen bekommt. Er geht trotzdem mit, weil der Priester allen Kleinen immer die Hand auf den Kopf legt. "Segnen" nennt das seine Kinderdorfmutter. 
Ich sehe also, wie er vor Pater Manuel steht, einem dominikanischen Mitbruder, der heute zur Messe gekommen war. Und bevor ich noch abdrehen und meiner Wege gehen kann, höre ich ein lautes: "Guck mal!" Da steht der Knirps und zeigt stolz einen Wackelzahn! Wer will denn gesegnet werden? Manchmal gibt es einfach Wichtigeres! Und Pater Manuel? Guckt sich das an und antwortet freundlich: "Oh ja, der muss aber bald raus!"
Den weiteren Dialog habe ich dann nicht mehr verfolgt, ich fand, anstandshalber sollte ich wenigstens so tun, als würde ich beten. Es ist mir natürlich nicht richtig gelungen, dazu hat mich diese kleine Szene zu sehr beschäftigt.
Ich fand das so beispielhaft für unsere Spiritualität: so sollen wir Dominikaner/innen sein. Wenn einer kommt und den Leib Christi erfragt, gibst du ihm den Leib Christi. Wenn aber einer kommt und dir etwas völlig anderes zeigt, das ihn bewegt, dann drängst du ihm Gott nicht auf, sondern interessierst dich erst mal für das, was diesen Menschen umtreibt. Wer weiß, vielleicht kommt ihr später noch auf Gott zu sprechen. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. 
Na, und plötzlich war ich dann doch noch bei meiner Meditation angekommen, wenn auch ganz anders als gedacht: Gott macht sich klein. Er wird Brot, er wird Mensch. Er unternimmt alles, um uns nahe zu sein. Darum können wir ihm auch immer und überall begegnen. Auch in einem Kind mit Wackelzahn. 
Wenn das kein Wunder ist...

*Name wie immer bei unseren Kinderdorfkids geändert

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