Montag, 22. Juni 2015

Heilige Orte

Am 17. Juni hat in Charleston, USA, ein 21jähriger Weißer an der Bibelstunde einer Methodistengemeinde teilgenommen und anschließend offenbar aus rassistischen Motiven neun der schwarzen Gemeindemitglieder erschossen. Fast zur selben Zeit, in der Nacht vom 17. auf den 18. Juni, verübten am anderen Ende der Welt jüdische Fundamentalisten einen Brandanschlag auf das Kloster in Tabgha, dem Ort am See Genezareth, wo die wundersame Brotvermehrung stattgefunden haben soll. Dort gab es zum Glück keine Toten, aber ein 80jähriger Mönch und eine 20jährige Volontärin mussten ins Krankenhaus, die Kirche ist völlig ausgebrannt.
Wieso erzähle ich das? Ist doch alles bekannt!
Kreuz am See Genezareth
Bild: Gerhard Prantl / pixelio.de
Man könnte über diese Vorfälle hinweg gehen. Man muss ja nicht alles kommentieren, es passiert schließlich ständig etwas Neues, und es geht auch immer noch schlimmer. Aber diese beiden Vorfälle picke ich aus all dem Schlimmen heraus, weil sie noch etwas anderes verletzen als den Körper. Sie zerstören nicht nur ein Gebäude und nehmen mehr als neun Menschenleben.
Es geht mir darum, dass beide Attentate an heiligen Orten verübt wurden. In Charleston hatten sich Menschen in einer Kirche versammelt, um die Bibel zu studieren. Sie suchten Gemeinschaft und Frieden. Wer die Bibel liest, beschäftigt sich mit der "Frohen Botschaft" (=Evangelium), dass Gott die Menschen liebt und ihnen nahe ist. Ähnlich ist es in Tabgha. Dort ist ein Benediktinerkloster, das von vielen Menschen besucht wird. Tabgha ist ein Ort der Gemeinschaft, der Ruhe und des Friedens.
Warum bringen Menschen ausgerechnet an solche heiligen Orte, an Orte, die Menschen von Unruhe und Unfrieden heilen können, Tod und Schrecken?
Ich wünsche der Gemeinde in Charleston, den Mönchen in Tabgha und auch allen, die von diesen Vorfällen hören und lesen, dass wir uns nicht von dem Hass anstecken lassen, den die Täter verbreiten. Versuchen wir lieber, den Frieden in uns aufzunehmen, den die Opfer in sich hatten und haben und geben wir ihn weiter, auch jetzt noch. Gerade jetzt!

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