Freitag, 16. September 2011

Abschied

Ich bin von Lettland zurück nach Deutschland versetzt worden, genauer gesagt nach Schwalmtal, an den Niederrhein. Heute mittag ging mein Flugzeug, meine Sachen bringen mir zwei unglaublich liebe Schwestern - Sr. Marjolein und Sr. Magda - mit dem Auto in wenigen Tagen nach.
Ich habe den Abschied kommen sehen. Ich bin mit der Versetzung einverstanden. Ich freue mich auf die Heimat, auf Menschen, Orte, Lieder, Feste ... - und deutsche Brötchen! Es wird eine Menge Arbeit auf mich zu kommen, auch Herausforderungen, das ist der eigentliche Grund für die Versetzung. Auch darauf freue ich mich. Und doch...

Ich habe Lettland in 2 1/2 Jahren liebgewonnen. Die Menschen, die Natur, die Musik, die Liturgie ... - und den lettischen Meerrettich! So fiel mir der Abschied nicht ganz leicht. Viele Menschen haben mir beim Abschiednehmen geholfen: Freunde, unsere Studentinnen aus dem Haus, Gemeindemitglieder und natürlich die Mitschwestern - mit allen habe ich Abschied gefeiert, mich drücken und mir liebe Sachen sagen lassen. Ich habe Blumen, Süßes, einen Bären mit der Aufschrift "Jemand in Lettland hat dich sehr lieb" und manch anderes geschenkt bekommen und bin manch einen wichtigen Ort noch mal angefahren.

Trotzdem... Eigentlich wollte ich gestern noch ein letztes Mal ans Meer fahren, ganz allein. Dann hab ich das nicht mehr geschafft, es war noch so viel zu packen und zu putzen, und außerdem fing es dann an zu regnen. Da dachte ich: "Du hast dich gar nicht richtig verabschiedet."
Aber ist das richtig? Ich war zweimal am Meer mit dem Bewusstsein: oft kommst du hier nicht mehr hin. Aber beide Male fand ich es nicht schön genug, ich wollte für meinen Abschied den optimalen Moment und habe mir eingeredet: "ich komme schon nochmal hierher!" Hätte ich doch die beiden Besuche intensiver genutzt...

Wenn das jetzt mit meinem ganzen Leben so geht? Wenn ich eines Tages sterbe und denke: aber ich wollte doch noch einmal ... ? Keine Chance: Wenn der Abschied kommt, muss man gehen. Es hilft, wenn man weiß, wohin man geht und man sich darauf freut. Aber vorbereiten sollte man sich trotzdem. Hier und jetzt leben und nehmen, was kommt und sich daran freuen - nicht warten auf das Leben an einem fernen, optimalen Tag.
Es ist noch nicht zu spät: heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens.

2 Kommentare:

  1. So wunderschöne Worte. Herzlich willkommen zurück in Deutschland. Und dann auch noch bei mir in der Nähe (ca. 30 km).

    Ich wünsche Ihnen ein von Herzen alles Gutes, ein gutes Zurückkommen, Ankommen und Weiterkommen.

    Und ich freue mich sehr auf weitere Beiträge

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  2. Vielen Dank, chasolu! Tschuldigung, dass ich so spät reagiere, im Moment bin ich noch so unsortiert... Wenn Sie so nah sind, sehen wir uns ja vielleicht mal. Sie sind jederzeit herzlich willkommen - auch wenn unsere Angebote für Ordensinteressentinnen wohl nicht in Frage kommen. ;-) Auch so sind unsere Gottesdienste für jeden offen und es gibt immer mal wieder ein Fest, z.B. vom Kinderdorf, bei dem man uns kennenlernen kann. Ihr Blog gefällt mir übrigens auch! viele Grüße, Sr. Barbara

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