Donnerstag, 27. Februar 2014

Der Papst im Fahrstuhl

"Der vorige Papst hat soviel Dreck abbekommen, da kann man schon auch mal ein bisschen kräftiger reagieren."
Dieser Satz fiel in einer Diskussion auf Facebook. Er sollte ein Argument dafür sein, dass einige Diskussionteilnehmer bei der Erwähnung des jetzigen Papstes recht aggressiv wurden. Benedikt wurde so oft beschimpft, da ist es ja wohl nur gerecht, wenn es Franziskus jetzt genauso geht. Klingt logisch, oder?
Was war geschehen? Kardinal Lehmann hatte in der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben" recht persönlich über seine Eindrücke bei der Berufung der neuen Kardinäle am 22. Februar in Rom geschrieben. 
http://www.bistummainz.de/dioezesan/kirchenzeitung/index.html?f_action=show&f_newsitem_id=40711
Der erste dieser Eindrücke ist "der Papst im Fahrstuhl". Lehmann schreibt, dass früher bei solchen Synodenversammlungen immer das ganze Terrain inklusive Aufzug gesperrt und für den Papst reserviert wurde. Jetzt nicht mehr: Der Fahrstuhl ist voller Kardinäle und soll gerade losfahren, da öffnet sich die Tür noch einmal und Papst Franziskus steckt den Kopf rein: "Kann ich noch mitfahren?" (Das tut er dann auch, plaudert, usw.) Lehmanns Kommentar: "Es ist so einfach und normal wie nur denkbar. Was für ein Wandel!"
In der dritten der vier Szenen, die Lehmann schildert,  geht es um den emeritierten Papst. Der Kardinal nennt die Begegnung mit ihm "besonders eindrucksvoll" und beschreibt, wie Benedikt während des feierlichen Gottesdienstes darauf besteht, in einer Reihe mit den Kardinälen zu sitzen, auf einem normalen Stuhl ohne Namenskennzeichnung.Er grüßt seinen Nachfolger ebenso wie die Kardinäle, indem er sein Käppchen abnimmt und sich verneigt.
Der ganze Text ist freudig und wohlwollend, auch in den anderen Passagen. Soweit so gut.
Die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) hat nun einen Auszug aus dieser Kolumne weiter verbreitet. Irgendwelche Vermutungen, welche? Genau: der Papst im Fahrstuhl. Das katholische Internetportal kath.net hat die KNA-Meldung wörtlich übernommen und so gelangte sie auf Facebook. http://www.kath.net/news/45054
Was soll's? Ist doch prima, besser ein Teil einer guten Nachricht als keine gute Nachricht, nicht wahr? Weit gefehlt! Denn es gibt Menschen, die es nicht ertragen können, wenn sich Kardinal Lehmann freundlich über Papst Franziskus äußert und für die das Wort "Wandel" mindestens erklärungsbedürftig, normalerweise aber eher ein Schimpfwort ist. Denn wenn Lehmann sich über den Wandel im Vatikan freut, dann meint er ja eigentlich, dass er sich vorher geärgert hat, dass es so schrecklich war. Und das ist Kritik an Benedikt. Und das geht ja gar nicht.
Und weil es früher so fiese Typen gab, die an Benedikt noch das freundlichste Lächeln absichtlich fehlinterpretierten, deshalb ist es auch ok, wenn andere das jetzt bei Franziskus übernehmen. Denn sonst könnte sich in unserer Kirche ja was wandeln. Und wo kämen wir denn dann bloß hin?

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