Es war einmal ein König, der zu seiner Belustigung vier blinde Bettler holen ließ, die ihm einen Elefanten beschreiben sollten. Wer das Wesen des Tieres am besten erfasste, würde einen Preis erhalten. So fingen alle vier an, den Elefanten zu betasten.
Der erste geriet an den Rüssel und sagte: "Ein Elefant ist wie ein lebendiges Seil, lang, dick und beweglich."
Der zweite bekam ein Bein zu fassen und meinte: "Nein! Er ist wie ein Baumstamm, fest und beständig."
Der dritte hatte den Schwanz untersucht und erwiderte: "Unsinn! Das mit dem lebendigen Seil stimmt schon, aber es ist nicht lang und dick, sondern kurz und dünn!"
Der vierte schließlich befühlte ein Ohr und meinte verwundert: "Ich weiß gar nicht, was ihr redet. Ihr habt alle Unrecht. Ein Elefant ist groß und dünn wie Papier."
Dem König aber war das Lachen vergangen. Er sagte zu den Bettlern: "Alle habt ihr recht und doch auch wieder nicht. Ich danke euch, ihr Herren, denn gerade habt ihr mir Blindem die Augen dafür geöffnet, wie oft wir glauben, die Wahrheit zu kennen, während wir nur einen kleinen Teil davon erfasst haben." Und er beschenkte sie alle vier reich.
frei nach Willi Hoffsümmer: "Wir sind alle blinde Bettler" (Kurz
geschichten 1, 1995)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.