Unser Kloster und Kinderdorf in Waldniel liegen in einem kleinen Park. Seit einigen Wochen grünt und blüht es überall kräftig - ich liebe das. In Lettland ist der Frühling viel kürzer, deshalb genieße ich ihn dieses Jahr (zum ersten Mal wieder in Deutschland) ganz besonders.
Einige der schöneren Stellen habe ich eifrig fotografiert und die Bilder auf Facebook in einem Album zusammengestellt. Es wird oft angesehen - anderen Menschen gefällt unser Park auch. Schön!
Allerdings habe ich irgendwann gemerkt, dass ich nur noch durch die Linse dachte. Alles was ich sah, beurteilte ich sofort danach, ob es fototauglich sei, und ob es wohl in eines meiner Internetalben passen würde. Ist das nicht absurd? Wird denn der Flieder erst als Foto auf Facebook real?
Natürlich nicht - im Gegenteil! Hier und jetzt, direkt vor meiner Nase ist er, wie er realistischer nicht sein kann. Also habe ich mir eine Fotopause verordnet.- Was für eine Befreiung!
Plötzlich habe ich wieder neu entdeckt (denn eigentlich wusste ich es ja längst), dass es eine unglaubliche Fülle von Schönheiten gibt, die ich gar nicht richtig wahrgenommen hatte. Ich hatte sie frühzeitig aussortiert: "das wird nix" - auf einem Foto, soll das heißen.Aber ohne Foto ist es schon was: der Schmetterling auf dem dürren Busch, das Gänseküken, das sich von den anderen abgesondert hat, die unzähligen, klitzekleinen blauen Blümchen im Moos.
Sobald ich aufhöre, sie in Besitz nehmen zu wollen, kann ich anfangen, sie einfach nur wahr-zu-nehmen. Wahrnehmung heißt, die Dinge aufzunehmen, wie sie sind, ohne sie zu bewerten oder zu verzwecken. Wahrnehmung ist der Anfang aller Meditation.
Ich werde künftig wieder ohne Kamera durch unseren Park gehen, ich habe jetzt schon gemerkt, dass ich plötzlich beim Betrachten der Knospen an Gott denke - und nicht mehr an mich.
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