Im Jahr 1864, also vor 150 Jahren, wurde ein junger französischer Dominikaner damit beauftragt, in einem Frauengefängnis in Cadillac dreitägige geistliche Exerzitien zu halten.
Er hatte keine Lust dazu, sogar Vorurteile diesen Verbrecherinnen gegenüber. Doch er hatte keine Wahl, ging hin - und erlebte eine Offenbarung. Die Frauen waren keineswegs verstockt und verdorben. Es waren Frauen, die gesündigt hatten, aber oft waren sie auch Opfer. Häufig gab es z.B. den Fall, dass ein junges Dienstmädchen von ihrem Herren vergewaltigt worden war. Wenn sie dann schwanger wurde, wusste sie in der Verzweiflung meist nicht, was sie tun sollte. Manche töteten dann in ihrer Not das Neugeborene. Diese saßen nun hier. Verzweifelt, von der Gesellschaft verdammt, sich ihrer Schuld wohl bewusst.
Der junge Priester erkennt, dass sie keine bösen Menschen sind - und spricht ihnen Mut zu. Er macht ihnen Hoffnung, dass Gott auch ihren guten Willen erkennt. Er sagt ihnen, dass Gott denen einen Neuanfang ermöglicht, die ehrlich bereuen - auch wenn die Gesellschaft es vielleicht nicht tut. Erster Ausdruck dieser neuen Haltung ist die Anrede in der ersten Predigt: der Pater nennt die Frauen "Meine lieben Schwestern". Vor Gott sind wir auf Augenhöhe, der Priester und die Zuchthäuslerin, wenn wir nur wahrhaft Gott suchen und lieben.
150 Jahre ist ein Jubiläum, das man nicht ignorieren darf. Weltweit begehen alle, die sich mit der Spiritualität dieses Dominikaners verbunden fühlen, in diesen Tagen Exerzitien nach den Texten, die Pater Jean Joseph Lataste damals den Frauen in Cadillac predigte. Inzwischen gibt es Gemeinschaften in ganz Europa und in Amerika, Frauen und Männer, Schwestern und Laien, im Kloster, in der Welt und im Gefängnis - eine große Familie von Bethanien.
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