Freitag, 27. Februar 2015

Liebe-deinen-Nächsten-Gedöns

Radio Vatikan berichtete heute von dem indischen Politiker Mohan Bhagwat, dem Führer der Hindu-Partei RSS. Er hatte im indischen Parlament Mutter Teresa von Kalkutta vorgeworfen, sie habe sich nur deshalb um die Armen gekümmert, damit diese aus Dankbarkeit zum Christentum konvertieren. 
Man kann das als vollkommen absurd abtun. Tut man das nicht, dann drängt sich trotzdem eine Frage auf: Warum um alles in der Welt kümmert ihr (Hindus) euch denn nicht selber um eure Armen? 
Was hindert den indischen Staat (u.a. also die RSS) daran, ein funktionierendes soziales Netz zu knüpfen, so dass niemand mehr auf der Straße krepieren muss? Dann wären die Schwestern von Mutter Teresa auf einen Schlag arbeitslos.
Etwa 2,5 % der Inder sind Christen. Sie haben 25 % der sozialen Einrichtungen des Landes aufgebaut. (Sie können sie natürlich nicht alleine betreiben. Die meisten Mitarbeiter z.B. bei den Projekten der Caritas sind Hindus.) Das ist in der Tat sehr verdächtig. Vermutlich wirklich eine hinterhältige Art zu missionieren: Zuerst bauen sie Krankenhäuser, Suppenküchen und Schulen und dann übernehmen sie das ganze Land. Das ganze "Liebe-deinen-Nächsten"-Gedöns ist vermutlich in Wahrheit ganz schön aggressiv.
Mal im Ernst: Am Beispiel Indien wird mir deutlich, wie unterschiedlich die Religionen mit derselben Situation umgehen - und was für gravierende Folgen das für die kulturelle Entwicklung ganzer Staaten hat. Wenn das Kastenwesen fester Bestandteil der Kultur ist, dann hat es wenig Sinn, eine Veränderung anzustreben. Bin ich in einer hohen Kaste, habe ich Glück - nein, gutes Karma - in einer niedrigen Kaste muss ich mein Schicksal halt möglichst geduldig ertragen. So oder so: ich komme aus meiner Kaste nicht heraus.
Wenn meine Religion mich dagegen lehrt, dass alle Menschen gleich geschaffen und von Gott gleichermaßen geliebt sind, dann kann ich Ungerechtigkeiten nicht akzeptieren. Wenn ich daran glaube, dass Gott selber Mensch wurde und sich als solcher für die Schwachen und Kleinen eingesetzt hat - auch im Streit mit den kirchlichen Würdenträgern! - dann kann ich mich nicht damit abfinden, dass Menschen unterdrückt werden.
Wenn ich glaube, dass Gott Mensch wurde und mir in jedem Menschen begegnen kann, gerade auch in den Schwachen und Armen, dann kann es auch passieren, dass mich mein Glaube dazu treibt, Menschen zu lieben, sogar solche Menschen, die in einem fernen Land einsam im Rinnstein sterben.
Und - ganz wichtig! - das alles beruht auf Glauben. Ich werde jemanden, der in einem anderen Glauben aufgewachsen ist, nur schwer von meinen Werten überzeugen können. Denn beweisen kann ich ihre Grundlage nicht.

Bildquelle: Radio Vatikan

Donnerstag, 19. Februar 2015

Das christliche Abendland...

...und seine Gefährdung.
Es gibt Menschen, die fürchten die Islamisierung des Abendlandes. Ich verstehe, wieso sie auf diesen Gedanken kommen, aber mir fällt auch auf, dass sie nicht vom "christlichen Abendland" sprechen, es geht ihnen also um Kultur, nicht um Religion.
Ich fürchte mich auch. Ich sehe unser Abendland massiv bedroht, aber vor allem, weil ich unsere Kultur und die christliche Religion nicht trennen kann. Ich habe mich darüber an dieser Stelle auch schon ausgelassen und möchte mich nicht wiederholen. Aber aus aktuellem Anlass eines noch:
Da diskutieren wir im ehemals so erzkatholischen Münster ernsthaft, ob sich die Kommune noch an der Finanzierung des Katholikentages beteiligen soll. Das einzige stichhaltige Argument scheint schließlich das wirtschaftliche zu sein: man kann nachweisen, dass die Katholikentage den gastgebenden Städten insgesamt wesentlich mehr Einnahmen bringen als sie Kosten verursachen.
Ist das wirklich alles, worauf es in unserer Gesellschaft noch ankommt?
Katholikentage werden zwar von Katholiken organisiert, sind aber für Menschen aller Glaubensbekenntnisse inklusive Atheisten offen. Das sollte eigentlich bekannt sein. Dass dort eine Fülle von hochrangig besetzten Vorträgen und Diskussionspodien stattfindet, in denen es bei weitem nicht nur um Religion, sondern auch um unsere Verantwortung für den Frieden in der Welt, soziale Gerechtigkeit, die Bewahrung der Schöpfung u.v.a.m. geht, kann auch jeder wissen, der sich mit dem Thema je vorurteilsfrei auseinandergesetzt hat. Insofern sind Katholikentage ebenso wie die evangelischen Kirchentage ein Beitrag zu unserem kulturellen Leben. In ihnen kommt die im christlichen Abendland so wichtige Meinungsfreiheit zum Ausdruck und die Verantwortung des Einzelnen für das Gemeinwesen. Auf ihren Bühnen werden unsere ethischen Werte diskutiert, mit denen der säkularen Umgebung abgeglichen und weiterentwickelt.
Wer das nicht mehr will, wen nur noch interessiert, ob ein solches Event auch ordentlich Umsatz bringt, der braucht sich um die Islamisten keine Sorgen zu machen. Die säkularistischen Tendenzen in Deutschland sind derartig aggressiv, dass wir unser christliches Abendland ganz locker selber zugrunde richten.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Weniger ist mehr

Dieser Satz ist inzwischen nicht mehr neu - und auch nicht von mir. Aber immer wieder kommt er mir in den Sinn, weil er immer wieder passt:
An einem Abend, an dem schon jeder genug getrunken hatte um fröhlich zu werden - und der ein oder andere auch ein Glas mehr.
Bei dem Fest, wenn alle genug gegessen haben - und die meisten auch eine Portion Nachtisch zu viel.
In Diskussionen, wenn schon längst alles gesagt ist, was nötig war - und noch ein paar Sätze zu viel.
Bei der Arbeit, wenn der eine mehr als genug zu tun hat - und der andere mehr Freizeit, als ihm lieb ist. 
Immer ist es das zuviel, das uns nicht gut tut.
Was ist es bei Dir? Kannst Du es in den nächsten 7 Wochen etwas zurückschrauben?
Der Aschermittwoch ist ein Stoppzeichen. Halt mal an. Überleg, ob Du auf dem richtigen Weg bist, oder vielleicht abbiegen musst. Und dann weiter.

Montag, 16. Februar 2015

Das Krokodil und die Hexe

Das kleine Krokodil neben mir ist von meinem Zauberstab fasziniert: "Woraus ist der?" will es wissen. Wir stehen zusammen mit einem Löwen, einem Eisbär, einem Elefanten (alle gezähmt oder wenigstens gut drauf), einem Fisch, einem Pinguin, zwei Fußballern, einem Zauberer und Batman am Straßenrand und warten darauf, dass der Rosenmontagszug losgeht.
Ich bin sehr stolz auf meinen Zauberstab, und so antworte ich wie aus der Pistole: "Buchenholz mit Drachenherzfaser." Das Krokodil ist angemessen beeindruckt. "Wo hast du den her?" "Hab ich bei Olivander gekauft, der macht die besten" sage ich mit Nachdruck. Das Krokodil möchte wissen, wo Olivander ist, aber es kennt die Winkelgasse nicht, da kann ich ihm jetzt auch nicht helfen.
"Was hat der gekostet? War der teuer?" "Oh ja, Drachenherzfaser ist ja schließlich nicht irgendein Material!" "Ich wette, er hat 100.000 Euro gekostet!" "Aber hör mal! Einen Zauberstab kannst du doch nicht in Euro bezahlen! Dafür brauchst du Zaubergeld." Das sieht das Krokodil ein und fragt nochmal: "Und was hat er jetzt gekostet?" "Ein Goldstück und ein paar kleine Silberlinge."
Das Krokodil ist zufrieden. Aber plötzlich sieht es mich mit seinen großen Augen fest an, ich kann förmlich sehen, wie es seinen Mut zusammennimmt für die nächste Frage. Die kommt dann ganz leise: "Aber in echt kannst du nicht zaubern, oder?"


Freitag, 13. Februar 2015

Frag doch mal nach der Säuglingstaufe!

Frag doch mal die Schwester, Teil 9:
Stimmt es, dass die Babytaufe nicht gültig ist, somit nicht nach Gottessinn, weil sie nicht biblisch ist? 
Ui, das ist wieder eine dieser Fragen, über die ich erst lange nachdenken musste. 
Die sachliche Seite ist schnell geklärt: Die Taufe von Kindern kommt in der Bibel nicht ausdrücklich vor. 
In den Evangelien wird nur berichtet, dass Johannes der Täufer in der Wüste die Menschen tauft. Zu ihm geht auch Jesus und lässt sich taufen, im Fluss Jordan. Jesus selber hat nicht getauft, wohl seine Jünger. Das Matthäusevangelium endet mit dem Missionsbefehl Jesu: "Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" (Mt 28,19). 
Später, in den Briefen und vor allem in der Apostelgeschichte (Apg) wird von mehreren Bekehrungen und Taufen in der jungen Gemeinde berichtet. Viele davon werden namentlich genannt, das sind immer Erwachsene. Manchmal heißt es allerdings "mit seinem ganzen Haus", z.B. in der Apg 16, 33: "Er ließ sich mit allen seinen Angehörigen taufen". Jetzt ist die Frage: wer war damit genau gemeint? Die Frau, die Kinder, die Bediensteten, die weiteren Verwandten? 
Um es kurz zu machen: man weiß es nicht genau. Es gibt Argumente für und gegen die Annahme, dass die Kinder mitgemeint sein könnten.
Es gibt auch schon sehr früh eine Diskussion darüber, ob man Kinder taufen soll oder nicht, mindestens seit dem zweiten Jahrhundert. Dazu könnte man jetzt viel schreiben und viele Bibelstellen zitieren, aber dafür verweise ich lieber auf den sehr interessanten Artikel in wikipedia.
Mich persönlich interessiert mehr die Formulierung "nach Gottessinn". 
Wenn wir mal ein bisschen von den einzelnen Bibelzitaten wegzoomen und versuchen, das Neue Testament insgesamt zu sehen, dann kommen wir vielleicht eher dahinter: was ist denn nach Gottessinn? Denn das muss doch die eigentliche Frage sein, hinter jeder unserer Diskussionen!
Wir Katholiken sagen z.B., die Taufe sei ein Sakrament, d.h. ein heilwirksames Zeichen. Evangelische Christen könnten hier widersprechen und sagen, dass wir uns das Heil nicht selber erwirken können - es ist uns doch schon geschenkt! Darauf könnten wir sagen, dass auch die katholische Kirche nicht mehr glaubt, dass wir uns das Heil durch die Sakramente verdienen können oder müssen, so ist das nicht gemeint - und so könnten wir fortfahren.
Aber wenn ich auf den Kern des Evangeliums blicke, dann sehe ich, dass es uns sagt: Gott wartet auf dich. Nein, eigentlich geht er Dir mit offenen Armen entgegen. Er ist in Jesus Mensch geworden, um dich zu befreien, und seine größte Sehnsucht ist es, dass du diese Befreiung nutzt, um Gott die Tür deines Herzens zu öffnen.
Wie du das machst, ist nicht so wichtig.
Hauptsache, du bist dabei, denn das Reich Gottes ist schon angebrochen. Merkst du es nicht?

Wer eine Frage für "Frag doch mal die Schwester!" hat, kann sie mir gerne schicken: sr.barbara@bethanien-op.org

Bildquelle: bardo/pixelio.de

Freitag, 6. Februar 2015

Frag doch mal nach der Krone der Schöpfung!

Eine sehr spannende Frage bekam ich schon vor einiger Zeit gestellt (Nr.8):
Was ist "die Krone der Schöpfung"?
Um es gleich vorweg zu nehmen: der Begriff ist nicht biblisch. Sicherheitshalber habe ich das nachgeschaut, und Prof. Barbara Schmitz von der Uni Würzburg hat es belegt: der Begriff entsteht erst in der Neuzeit und ist ein europäischer Gedanke ("Krone"!).
Trotzdem habe ich mir daraufhin noch mal die Bibel vorgenommen, denn die Schöpfungsgeschichte ist erstaunlich aktuell. Die Erschaffung der Welt in sechs Tagen entspricht beispielsweise ziemlich genau der Evolutionstheorie - natürlich nicht in den zeitlichen Dimensionen, die sind bildhaft formuliert, und es gibt auch Abweichungen, aber trotzdem kann man sagen: obwohl die biblische Erzählung theologische Aussagen macht und kein naturwissenschaftlicher Bericht ist, passt sie erstaunlich gut zu unseren heutigen Erkenntnissen und Theorien.
Das Buch Genesis erzählt: Zuerst entstehen Licht, Wasser und Erde. Dann entstehen auf der Erde Pflanzen. Die Gestirne beginnen, feste, regelmäßige Bahnen  zu ziehen. Dann entsteht tierisches Leben zuerst im Wasser, dann in der Luft, schließlich an Land. Schließlich erschafft Gott den Menschen "nach seinem Abbild", d.h. Ihm ähnlich. Wichtige Aussage ist bei all dem: alles, was Gott geschaffen hat, ist sehr gut.
Diese Erzählung ist aus der priesterlichen Tradition Israels, etwa aus dem Jahr 550 v.Chr., also über 2.500 Jahre alt. Ich meine, dass sie trotzdem noch immer dem Denken vieler Menschen heute sehr nahe ist: Die Welt ist hierarchisch aufgebaut, und der Mensch ist von allen Geschöpfen am höchsten entwickelt. Deshalb hat er das Recht (nach der Bibel auch den Auftrag), die restliche Schöpfung zu unterwerfen und zu beherrschen. Dabei gibt es in der christlichen Theologie inzwischen wohl einen weitgehenden Konsens, dass mit dem Herrschaftsbefehl ein Auftrag zur Pflege und Verantwortung für die Schöpfung verbunden ist und kein Freibrief zur Ausbeutung. 
Dies ist die eine Sichtweise.
Schon in der Bibel gibt es eine ganz andere, nämlich die zweite Schöpfungsdarstellung. Sie ist älter als die Priesterschrift, und beginnt mit der Erschaffung des Menschen. Der wird aus Ackerboden gemacht, danach wird die restliche Welt um ihn herum erschaffen. Schließlich sucht Gott jemanden, damit der Mensch nicht so allein ist, findet aber nichts, was dem Menschen entspricht - bis er die Frau erschafft: "Endlich!" In diesem Bericht lautet der Auftrag an den Menschen, allem Geschaffenen Namen zu geben und die Welt zu bebauen und sie zu hüten. Klingt schon ganz anders, nicht?
Auch hier wird er als Haupt der Schöpfung dargestellt, trotzdem meine ich, dass dieses Bild einer anderen Sichtweise der heutigen Welt näher ist: der Mensch wird mitten in einen Garten gesetzt, er ist nur EIN Teil der Schöpfung. Heute geht man mehr und mehr dazu über, den Wert von Tieren und Pflanzen, der Natur insgesamt zu entdecken und zu schätzen.
Ich neige ja dazu, immer noch den Menschen als ein besonderes Geschöpf zu betrachten, als besonders zur Beziehung mit Gott begabt ("Gott ähnlich"), aber ich muss zugeben, dass wir natürlich in unserem Wissen und Begreifen sehr begrenzt sind. Wer weiß schon, welche Dimensionen der Gotteserkenntnis es noch gibt, von denen wir nichts ahnen?

Wenn Du/Sie eine Frage für "Frag doch mal die Schwester" hast/haben: ich nehme alles entgegen unter sr.barbara@bethanien-op.org

Donnerstag, 5. Februar 2015

Frag doch mal nach dem Fisch!

Frag doch mal die Schwester, Teil 7:
Bildquelle: www.katholisch.de
Warum ist eigentlich der Fisch ein so wichtiges Symbol für die Christen?


Das ist der Fisch in der Tat, immer wieder taucht er auf. Man könnte daran denken, dass Jesus ja vor allem Fischer gerufen hat, ihm zu folgen.
Bei der „wunderbaren Brotvermehrung“ teilte er nicht nur Brot, sondern auch Fisch. Als er nach seinem Tod und seiner Auferstehung seinen Jüngern erscheint, erkennen ihn die Emmausjünger am Brotbrechen, aber es gibt auch eine Szene, wo er mit zwei Jüngern Fisch isst.
Also: Fisch war in der Welt Jesu einfach sehr wichtig.
Aber das ist nicht der Grund, warum er bis heute für uns so wichtig ist.
Das liegt vielmehr daran, dass die ersten Christen in der Urgemeinde sehr schnell verfolgt wurden. Um in der Verfolgung die Gleichgesinnten erkennen zu können, brauchten sie ein Geheimzeichen. Die Gemeinde sprach damals griechisch und deshalb nahm sie den Fisch, auf griechisch Ichthys. Diese Buchstaben waren nämlich die Abkürzung für ein kurzes Glaubensbekenntnis: Jesus Christus ist der Sohn Gottes, unser Retter.
Diese Übersicht habe ich mal für eine Jugendlichen-Taufe verwendet.
Leider kenne ich den Autor nicht. Tiki Küstenmacher?
Heute kann man diesen Fisch bei uns z.B. als Autoaufkleber finden. Das ist einerseits eine Mode, andererseits hat unser Glaube fast schon wieder etwas von einer verschworenen kleinen Minderheit bekommen. Wer sich im Alltag zu Jesus Christus bekennt, kann sich schon mal ganz schön allein fühlen - da tut es gut, wenn die Glaubensgeschwister sich zu erkennen geben.

Montag, 2. Februar 2015

Frag doch mal nach der Todesstrafe!


Weiter geht es mit unserer Reihe "Frag doch mal die Schwester", Teil 6.
Schon vor einiger Zeit bekam ich folgende, knifflige Frage gestellt:
Als "die Juden" bei Pilatus sind und Jesus anklagen, sagen sie, ihr Gesetz erlaube ihnen nicht, einen Menschen zu töten. Deshalb brauchten sie die Römer, die die Drecksarbeit erledigen und Jesus kreuzigen sollen. So steht es beim Evangelisten Johannes 18, 30.
An einer anderen Stelle haben "die Juden" aber keinerlei Probleme mit der Todesstrafe, nämlich als sie die Ehebrecherin zu Jesus bringen. Die wollen sie zu Tode steinigen - wie es das jüdische Gesetz vorsieht. Also, was denn jetzt:  
durften die Juden die Todesstrafe vollstrecken oder nicht?

Die Antwort ist jein. 
Die Juden durften Menschen steinigen, aber die Steinigung ist eine Körperstrafe, keine Hinrichtungsart.  Es führte auch nicht jede Steinigung zum Tode, der Tod wurde eher billigend in Kauf genommen. Im eigentlich juristischen Sinne hinrichten durften die Juden aber nicht, denn sie durften keine Waffen tragen, d.h. sie hatten nicht das Recht, ein Schwert zu tragen (jus gladii). Folglich durften sie ihre Verbrecher weder enthaupten noch kreuzigen.
Bleibt die Frage, warum sie Jesus nicht einfach gesteinigt haben, das haben sie ja sogar schon mal versucht. Aber das wäre eine zu schwache Strafe gewesen, selbst wenn sie tödlich geendet hätte. Zur Zeit Jesu war man immer derart vom Tod bedroht, dass das Sterben selber als Drohung nicht ausreichte. Es musste bei diesem Gotteslästerer und Volksaufwiegeler, der Jesus in den Augen der Hohenpriester ja war, schon eine echte Hinrichtung sein und zwar eine möglichst demütigende. Es ging ja auch um die Abschreckung für seine Anhänger. Da war das Heftigste im Angebot die Kreuzigung, und dazu waren die Juden eben nicht berechtigt.