Mittwoch, 24. November 2010

Kurzwahl: Gebet - Gedanken zur neuen Telefonanlage

Mein Telefon hat noch keine Verbindung. Der Techniker kommt gleich und wird es installieren.
Im Vorbeigehen fällt mein Blick auf die vielen alten Telefone. - Wieviele Gespräch wohl durch sie in den letzten Jahren ermöglicht wurden? Ob es dabei in vielen Gesprächen um Gott ging? (Wir sind ja schließlich ein Kloster.) Reden wir eigentlich darüber am Telefon?

Wieviele Gespräche habe ich in den letzten Jahren geführt? Habe ich Gespräche nicht nur über sondern mit Gott ermöglicht?
Wie hätte ich das tun sollen, Gespräche mit Gott ermöglichen? Über Gott hab ich natürlich immer wieder mal gesprochen, auch am Telefon.
Der Techniker kommt und aktiviert mein Telefon und ich bemerke, dass ich schmunzele: Vielleicht habe ich ja mit meinen Gesprächen über Gott in einigen Herzen den "Kurzwahlknopf" - Gebet aktiviert, So wie jetzt der Techniker mein Telefon. - Dafür muss er nämlich von meinem Apparat aus die Zentrale anrufen.

Samstag, 13. November 2010

"Nacht der Lichter" - beten wie in Taizé - in Bethanien


Kaum ist die Vesper vorüber beginnt die Verwandlung unserer Kloster- und Kinderdorfkapelle:
Vier Bänke werden weggetragen, um die 220 Teelichter werden aufgestellt, ein paar Tücher um die acht Ikonen schön aufzustellen und schon kommen sie, die Beter.
Unsere Kinder und Jugendlichen haben selbst alle Texte und Gebete vorgelesen und sind dabei über sich hinaus gewachsen. "Ich musste nicht nach vorne, und dann ging´s." - Das Schöne war, dass nicht jemand was vorbereitet hat und wir dazu gekommen sind, sonder wir einfach zusammen gebetet haben. Alle die da waren ob nun aus dem Kinderdorf oder aus der Pfarrei, es war unsere Zeit mit Gott.
Und dann war da noch der Gruß von den Brüdern!
"Gerne wären wir heute Abend mit Euch zusammen um mit euch gemeinsam zu beten und zu singen,auf das Wort Gottes zu hören und eine Weile still zu sein. [...] so, dass sich alle ohne Unterschied angenommen fühlen können,und sie spüren, dass sie jetzt in der Kirche am richtigen Platz sind,ob sie gut singen können oder nicht, ob sie getauft sind oder nicht,ob sie einen glücklichen oder einen unglücklichen Tag hinter sich haben."
Unsere jüngste Beterin fühlte sich ganz sicher am richtigen Ort. Sie legte ihre Puppe beiseite, schob alle Kissen, die sie finden konnte aneinander und vollzog in heiligem Ernst den wundervollsten Purzelbaum, den jemand für Gott machen kann.
"[...]Und in ein paar Wochen sind wir zum Europäischen Jugendtreffen zusammen –Silvester in Rotterdam! [...] Kommt, wenn ihr irgend könnt, zusammen mit anderen zum Treffen dazu,wir freuen uns auf euch, auf eine Zukunft in Gemeinschaft."

Wir freuen uns auch, Silvester sind wir in Rotterdam!


Donnerstag, 11. November 2010

Pater Lataste - immer bei den Menschen

Vor ein paar Tagen fand in Montferrand die Übertragung von unserem Stifter, Pater Lataste, in die neue gestaltete Kapelle statt. Es beschäftigt mich schon länger, dass man bei P.Lataste wohl kaum von einer "letzten Ruhestätte" sprechen kann. Immerhin ist die neue Kapelle nun schon sein viertes Grab: nachdem die Schwestern ihn 1869 in Frasne-le-Chateau begraben hatten, nahmen sie ihn 1871 nach Montferrand mit. Dort fand er zunächst auf dem Friedhof seine Ruhestätte, wurde aber 1937 umgebettet in die Kapelle von Mont, bevor er nun am 27. Oktober erneut umziehen musste. Für mich sind diese verschiedenen Grabstätten zu einem Sinnbild geworden: P.Lataste gehört zu den Menschen. Am Anfang waren "die Seinen" seine Schwestern. Bei ihnen wollter er sein, auch im Tod. Bethanien aber breitete sich mehr und mehr aus: Bethanien-Mont bekam neue Konvente, der niederländisch-deutsche Zweig Bethanien-Venlo wurde gegründet, die Laiengemeinschaft im Gefängnis in Norfolk, die Fraternités Latastes, zahlreiche Bewegungen vor allem in Frankreich - und es scheint, dass es nun wirklich die Zeit ist, P.Lataste mehr und mehr zu den Menschen zu bringen. Aber was bedeutet das anderes als seine Weise der Verkündigung der Frohen Botschaft fortsetzen? Bethanien gehört zum Dominikanerorden, für uns gehört beides untrennbar zusammen. Bethanien hat dabei etwas ganz eigenes in den Orden einzubringen: den starken Akzent auf der Würde des Einzelnen, die gegründet ist in der unendlichen Barmherzigkeit Gottes. Wenn wir dies verkünden, dann bringen wir auch Pater Lataste zu den Menschen.
Sr.Sara, Thorn

Donnerstag, 4. November 2010

Impressionen aus Deutschland: Stille II

Während meines Urlaubs war ich auf einem Symposium der katholischen Publizisten in Bonn. War spannend, hab auch einige Facebookfreunde persönlich kennengelernt - sehr witzig!
Auf dem Podium saß ein Blogger. In der Abschlussrunde musste jeder einen Satz vervollständigen. Er bekam: "Wenn ich eine Woche nicht ins Internet könnte, dann..." Und er sagte: "das wäre schwer für mich. Einen Tag habe ich mal geschafft, aber eine Woche...?"
Kurz danach bin ich ja dann in die Exerzitien gefahren. Eine Woche kein Internet. Kein Telefon. Kein Fernsehen, keine Musik.
Ich habe es genossen. Das Wetter war gut, ich konnte fast jeden Tag mindestens einen längeren Spaziergang über die Felder machen. Aber auch im Zimmer zu bleiben, ist inzwischen kein Problem mehr für mich. Inzwischen? Ja, ich erinnere mich noch gut, wie schwierig das anfangs war. Was macht man denn bloß, wenn man eine ganze Stunde still sitzen und über einen Bibeltext "meditieren" soll? Und das 4x am Tag! Eine Woche lang!!!
Heutzutage vertreiben wir die Stille systematisch. Man kann ja fast nirgendwo mehr hingehen, wo nicht irgendwelche Musik gespielt wird. Und wenn doch, dann hat man die eigene Musik längst im Ohr eingestöpselt. Kein Wunder, dass für viele der Gedanke an eine Woche Stille erschreckend ist. Aber wenn man sich mal darauf oder überhaupt auf Momente der Ruhe einlässt und sie übt, kann man Dinge entdecken, die man im Lärm unserer Tage niemals findet. Es lohnt sich!

Dienstag, 2. November 2010

Impressionen aus Deutschland: Stille I

Direkt von meinem Urlaub aus bin ich dann in die Exerzitien gefahren. Früher wusste ich nicht so richtig, was das ist, "Übungen", geistliche Übungen. Irgendeine fromme Auszeit für Priester und Ordensleute, dachte ich. Erst als ich selber im Kloster war, habe ich ganz normale Laien kennengelernt, die auch regelmäßig Exerzitien machen. Einfach so, weil es ihnen gut tut.
Heute will ich nicht mehr darauf verzichten! Meist fahre ich einmal im Jahr für eine Woche in das schönste Dominikanerinnenkloster, das es gibt, nach Rieste-Lage im Osnabrücker Land. Es ist eine kleine, aber sehr vitale Gemeinschaft. Sie sind Nonnen, keine Schwestern, d.h. sie räumen dem Gebet den ersten Platz ein und arbeiten nicht außerhalb des Hauses.
Überhaupt verlassen sie das Haus normalerweise nicht. Die meiste Zeit wird im Alltag geschwiegen. Es gibt besondere Zeiten oder Anlässe, zu denen gesprochen werden darf, z.B. an drei Abenden die "Rekreation", die gemeinsame Freizeit. Mit Gästen wird natürlich gesprochen, oder wenn für die Arbeit etwas zu regeln ist.
Die Tradition des Stillschweigens ist so alt wie das Mönchtum an sich und dient der Versenkung in das Gebet. Die Schwestern in Lage hüten solche Traditionen sorgfältig.
Gleichzeitig haben sie überhaupt kein Problem damit, das Stillschweigen bei Tisch mal eben aufzuheben, wenn ein Gast kommt oder sich nach einer Woche wieder verabschiedet. Auch wenn Sr. Anna während ihrer Betrachtungszeit durch den Garten geht, hindert die Meditation sie nicht, eben Katze Tinka guten Tag zu sagen, wenn sie ihr über den Weg läuft oder auch dem zugeflogenen Pfau Elfriede.
Das liebe ich an diesem Ort und diesen Schwestern: Hier finde ich Stille und die tief verwurzelte dominikanische Tradition, aber unverkrampft und weltoffen - und stets mit einem freundlichen Lachen versehen!
Danke für die schöne Zeit, ich komme nächstes Jahr wieder!

Montag, 1. November 2010

Impressionen aus Deutschland: Bonsai

Im Anschluss an das U50-Treffen war ich bei meinen Eltern in Urlaub. Herrlich! Tagelang nur faul rumhängen und lesen, teilweise noch mit wunderbarer Herbstsonne...
Meine Urlaubslektüre war sehr gemischt. Ich hatte Frommes dabei (u.a. Meister Eckhard) und Spannendes (u.a. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes), aber auch "Die Armut besiegen" von Muhammad Yunus, dem Friedensnobelpreisträger. Er beschreibt darin ausführlich sein Konzept der Grameenbank, die Mikrokredite und seine Vision für eine bessere Welt. 
Da er selber aus Bangladesch stamt, weiß er, wovon er spricht, wenn es um die Armen geht. Er vergleicht sie mit Bonsaibäumchen. Er schreibt: "Wenn man das beste Samenkorn vom höchsten Baum in einen 15 cm tiefen Blumentopf setzt, bekommt man ein genaues Abbild dieses Baumes - wenige Zemtimeter hoch. Der Samen ist vollkommen in Ordnung. Er hatte nur zu wenig Platz." 
Die Armen, so schreibt Yunus, seien für ihn Bonsai-Menschen: mit allen nötigen Fähigkeiten und Talenten, nur ohne die Möglichkeit, ihre Potentiale auszuschöpfen - weil ihnen schlicht das Kapital fehlt.
Das hat mich auf den Gedanken gebracht, ob wir Gott nicht manchmal zum Bonsai-Gott degradieren. Ich jedenfalls hatte eine Zeit, in der ich Ihm gerade mal eine Stunde in der Woche zugestanden habe. Darüber hinaus sollte er sich in meinem Leben nicht zu sehr ausbreiten. Erst später habe ich angefangen zu ahnen, wie groß Gott tatsächlich ist und wie machtvoll er von meinem Leben Besitz ergreifen will - wenn ich ihn nur nicht mehr einsperre in einen Blumentopf.