Montag, 1. November 2010

Impressionen aus Deutschland: Bonsai

Im Anschluss an das U50-Treffen war ich bei meinen Eltern in Urlaub. Herrlich! Tagelang nur faul rumhängen und lesen, teilweise noch mit wunderbarer Herbstsonne...
Meine Urlaubslektüre war sehr gemischt. Ich hatte Frommes dabei (u.a. Meister Eckhard) und Spannendes (u.a. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes), aber auch "Die Armut besiegen" von Muhammad Yunus, dem Friedensnobelpreisträger. Er beschreibt darin ausführlich sein Konzept der Grameenbank, die Mikrokredite und seine Vision für eine bessere Welt. 
Da er selber aus Bangladesch stamt, weiß er, wovon er spricht, wenn es um die Armen geht. Er vergleicht sie mit Bonsaibäumchen. Er schreibt: "Wenn man das beste Samenkorn vom höchsten Baum in einen 15 cm tiefen Blumentopf setzt, bekommt man ein genaues Abbild dieses Baumes - wenige Zemtimeter hoch. Der Samen ist vollkommen in Ordnung. Er hatte nur zu wenig Platz." 
Die Armen, so schreibt Yunus, seien für ihn Bonsai-Menschen: mit allen nötigen Fähigkeiten und Talenten, nur ohne die Möglichkeit, ihre Potentiale auszuschöpfen - weil ihnen schlicht das Kapital fehlt.
Das hat mich auf den Gedanken gebracht, ob wir Gott nicht manchmal zum Bonsai-Gott degradieren. Ich jedenfalls hatte eine Zeit, in der ich Ihm gerade mal eine Stunde in der Woche zugestanden habe. Darüber hinaus sollte er sich in meinem Leben nicht zu sehr ausbreiten. Erst später habe ich angefangen zu ahnen, wie groß Gott tatsächlich ist und wie machtvoll er von meinem Leben Besitz ergreifen will - wenn ich ihn nur nicht mehr einsperre in einen Blumentopf.

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