Freitag, 30. September 2011

Hinter den Fassaden

Unsere Schwestern in Leipzig haben ein Video ins Netz gestellt. Es ist der zweite Teil einer Reihe über das Leben in der Eisenbahnstraße, einem sozialen Brennpunkt in Leipzig. Unsere Schwestern haben dort nicht nur einen Konvent, sondern auch ein offenes Haus für die Menschen. Sr. Hellena spricht über ihre Arbeit und das bunte Leben der verschiedenen Kulturen, Schichten und Ansichten.
Hier der Direktlink zum Video:
Wer mehr über den Konvent in Leipzig wissen möchte, findet es hier: 

Mittwoch, 28. September 2011

mentoring4u - 2. Teil

Okay, hier die versprochenen Antworten:
Ganz allgemein ging es um die Fragen: wie hole ich die richtigen Leute in mein Unternehmen (Anwerben, Rekruitment...) und wie begleite ich sie danach weiter, damit sie sich optimal entwickeln - zu ihrem eigenen Wohl und zum Nutzen des Unternehmens gleichermaßen. Mentoring meint dabei die Betreuung eines Neulings durch einen erfahrenen Mitarbeiter.

Jetzt zunächst mal zum Referenten von der EZB. Der stellte eine Menge Fragen in den Raum, u.a. die, wie spezifisch wir unsere Ausschreibungen machen sollen. "Wir"???? Was haben wir Dominikanerinnen (ursprünglich ein Bettelorden!!!!!) mit einem Oberbanker zu tun????!!!!
Aber die Frage passt auch auf uns: Wenn ich Frauen einlade, uns zu besuchen und uns kennenzulernen - wie spezifisch mache ich das? Wie eng ziehe ich den Kreis der Adressaten?
Der Referent hat in diesem Fall nur gefragt, nicht geantwortet, und auch ich habe noch keine Antwort. Ich werde darüber nachdenken - ich brauche eine Antwort spätestens, wenn ich den nächsten Flyer entwerfe.

Die Ausbilderin von der Deutschen Bahn fragte in eine ähnliche Richtung: Was mache ich, wenn ein Bewerber kommt, der die Bedingungen nicht erfüllt? Schraube ich die Anforderungen runter?
Ein Orden ist kein Wirtschaftsunternehmen, aber auch wir stellen gewisse Anforderungen an unsere Bewerberinnen. Ja, Gott liebt uns alle gleich, wir sind auch alle gleich viel wert! Aber deshalb sind noch nicht alle gleichermaßen für das Leben in einer Ordensgemeinschaft geeignet (und da reden wir noch gar nicht von der Berufung - nur von der Eignung!!!) Wieviel dürfen und müssen wir verlangen?

Ein anderer Aspekt kam nachmittags im Plenum. Da ging es um die Frage, wie begleite ich die Mitarbeiter später innerhalb des Unternehmens so, dass sie sich weiterentwickeln können und nicht stehen bleiben, Personalführung also. Eine Personalverantwortliche von der Lufthansa erzählte dazu, wie in ihrem Unternehmen, das ja sehr groß ist, Versetzungen ganz normaler Bestandteil der Karriere sind.
Unsere Kongregation ist gegenüber der Lufthansa winzig - aber international versetzt werden wir auch! Jetzt hörte ich also, dass andere das auch machen - aber nicht aus Not, oder weil man mit versetzbaren Mitarbeitern leichter operieren kann (das natürlich auch), sondern v.a., weil der Mitarbeiter sich dadurch persönlich weiterentwickelt und seinen Horizont erweitert - was für bestimmte Aufgaben unerlässlich ist.

Es gab noch etliche andere Referate, von vielen habe ich gute Anregungen mitgenommen. Aber am besten hat mir doch der General gefallen. Er erzählte zunächst mal, dass 80% der SoldatInnen nach einer gewissen Zeit in einen zivilen Beruf wechseln. Deshalb, so sagte er, verstehe er die Bundeswehr nicht als Konkurrenz zur Wirtschaft, sondern man müsse gesamtgesellschaftlich denken. Es gehe uns schließlich allen darum, jungen Menschen eine Perspektive zu bieten.
Na, da hab ich mich angesprochen gefühlt, das tun wir auch!
Später wurde er gefragt, wie er die jungen Leute motiviert, in Kampfeinsätze zu gehen und ihr Leben zu riskieren. Und noch bevor er die Qualität der Ausbildung und die politisch-ethische Legitimation erwähnte, hob er als erstes hervor, es gehe hier um eine Schlüsselfrage des Seins. Alleine Normen zu vermitteln (Wie mache ich das?) sei nicht genug. Wenn die Jugendlichen nicht von selber die Sinnfrage stellten, die Frage nach dem "Warum" und "Wofür", dann müssten die Ausbilder sie darauf stoßen!
Na, und damit war ich dann ja sozusagen in meinem Kerngeschäft.

Also habe ich bei all dem Gerede über Personalplanung und -entwicklung, Assessment und Human ressources doch eine Menge Parallelen zu unserem "Unternehmen" Bethanien gefunden. Auch wir wollen jungen Menschen eine Perspektive bieten, weil wir vom Sinn unseres Unternehmens überzeugt sind. Dafür müssen wir diese Leute aber finden, bzw. sie uns. Wer die Richtige ist, entscheiden nicht wir, unser Personalchef ist ja schließlich der Heilige Geist. Aber wir bemühen uns, ihm den Weg zu ebnen, wo wir können.
Innerhalb des "Unternehmens" bemühen wir uns, jede bestmöglich zu fördern. Zum einen brauchen wir qualifizierte Schwestern für die verschiedensten Aufgaben, zum anderen haben auch die Orden längst begriffen, dass eine motivierte und engagierte Schwester ein Gewinn für ihre Gemeinschaft ist.
Ich weiß, dass das manchen weh tut, aber: ja - ich finde, wir können von verantwortungsvollen Wirtschaftsbetrieben lernen!

Dienstag, 27. September 2011

mentoring4u - 1.Teil

Heute war ich auf einer spannenden Veranstaltung in Frankfurt: "1. Deutscher Mentorentag 2011" nannte sich das, Untertitel: "Chancen und Perspektiven des Mentoring für die Nachwuchssicherung".
Was "Mentoring" ist, mussten wir selber in den Arbeitsgruppen erst noch genauer klären, aber Nachwuchs sichern ist ja immer gut. Nur: Eigentlich war das eine Veranstaltung für Wirtschaftsunternehmen. Die Lufthansa war mehrfach vertreten, ebenso die Deutsche Bahn AG, mehrere Banken, verschiedene Autobauer, im Plenum auch kleinere Unternehmen, usw.

Ja, was um Himmels willen hat das dann mit uns zu tun?

Warum habe ich interessiert einem Vertreter der Europäischen Zentralbank zugehört, wenn er über seine Nachwuchswerbung und -betreuung spricht? Wieso betrifft es mich, wie der Brigadegeneral, der als Referent geladen war, seine jungen Leute motiviert, nach Afghanistan zu gehen? Und wieso haben mich die beiden Personalmanagerinnen der Lufthansa und der DB so zum Nachdenken gebracht?

Die Antworten gibt's morgen, jetzt bin ich zu müde (bin leider auf der Rückfahrt nicht ins Internet gekommen, drum ist es schon so spät).
Gute Nacht! ;-)

Montag, 19. September 2011

Kreuzdame

Das ZDF dreht z.Zt. eine Sendung für ihren Kulturkanal, zusammen mit unserer Sr. Jordana. Sie berichten in einem eigenen Blog fast täglich darüber, wir haben den Anfang verpasst, wollen aber wenigstens jetzt darauf hinweisen. Hier die Beschreibung des Projektes und der Link zum Blog:
(leider funktioniert der Link nicht ganz richtig: man muss erst noch auf das Kreuz oder die Brille klicken, um zu den Beiträgen zu kommen - aber dann...!)

Die Reise:

Schwester Jordana und der Moderator Rainer Maria Jilg machen eine Reise. Auf dem Weg durch den Nahen Osten setzen sie sich mit ihrem eigenen Glauben auseinander, mit der Bedeutung und Rechtfertigung der Religion in der heutigen Zeit.
Sie gehen der Frage nach, warum die heiligen Schriften mit ihrer Botschaft der Liebe bis heute als Begründung für Intoleranz und Gewalt herhalten müssen. Statt Experten zu interviewen, entfalten und entwickeln die Protagonisten ihre eigene Haltung im Zusammentreffen mit den verschiedensten Menschen entlang der Strasse.
“Strassenfilm” ist zuerst und vor allem ein Roadmovie, ein Abenteuertrip. Zugleich aber auch ein sehr intimer, auf die Persönlichkeit der Protagonisten konzentrierter Film. Die beiden legen zwar viele, viele Kilometer zurück, begeben sich aber in Wirklichkeit auf eine spirituelle Reise.

Sonntag, 18. September 2011

Willkommen - zu Hause?

Da bin ich also - wieder. Ich bin in unseren Konvent in Schwalmtal eingezogen, 27 Schwestern sind wir jetzt im Haus. Der Empfang war sehr warmherzig, das Zimmer hübsch mit Blumen geschmückt.
Ich habe seit meiner Ankunft schon eine Menge Menschen getroffen. Nicht nur die Schwestern, sondern auch Mitarbeiter und Jugendliche vom Kinderdorf. Außerdem war gestern ein Tag für die Firmlinge des Pfarrverbandes bei uns und ich war direkt mit einem Workshop dabei. Die Jugendlichen kannte ich nicht, aber die Katecheten zum Teil, denn vor meiner Versetzung nach Lettland hatte ich auch mal eine Firmgruppe.
Selbst heute nach der Messe kamen wieder Menschen auf mich zu: "Sr. Barbara! Sind Sie wieder da? Ganz? Willkommen zu Hause!"
Soviele freundliche Gesichter, das tut mir natürlich gut. Es ist schön, wieder an einen Ort zurückzukommen, an dem man gerne gelebt hat. Ich habe mich auch relativ rasch wieder zurechtgefunden: Die Melodien in den Laudes waren noch ganz vertraut. Ich habe mein Postfach gefunden und geleert und schon mal vorsichtig begonnen, das Fach in der Kapelle zu füllen. Die meisten meiner Bücher kommen ja erst noch. Eine Schwester sagte, es komme ihr vor, als sei ich nie weg gewesen.
Und da wird es komisch. Ich weiß, wie sie es meint, und es gibt Momente, da kommt es mir genauso vor. Manche Dinge haben sich nicht verändert in all den Jahren. Ich kenne mich hier aus.
Aber ich habe 4 1/2 Jahre nicht mehr in diesem Haus gelebt. Erst war ich in einem anderen deutschen Konvent, dann eben im Ausland. Und wenn ich mich genauer umsehe, hat sich auch hier einiges verändert. Schwestern, mit denen ich damals zusammengewohnt habe, sind gestorben oder wegversetzt worden. Andere leben jetzt hier, die ich noch kaum kenne. Wir alle sind älter geworden, es ist manches passiert in der Zwischenzeit - auch ich bin nicht mehr dieselbe, die ich vorher war. Riga hat mich in vielerlei Hinsicht verändert.

Es ist eine bethanische Grundtugend, dass wir anderen Menschen immer wieder einen neuen Anfang ermöglichen, dass wir niemanden auf seine Vergangenheit festlegen. Das kommt aus der Bibel: der Sünder, der sich bekehrt, ist von Gott genauso geliebt wie der, der nie gefallen ist. Wieso sollten wir Menschen also einen Unterschied machen? Wichtig ist, was jetzt ist, nicht was früher war.
Ich bin gespannt, ob wir es schaffen, das, was für unsere Spiritualität so wesentlich ist, auch im profanen Alltag zu leben: werden wir einander die Chance geben, uns neu kennenzulernen, so wie wir jetzt geworden sind?

Freitag, 16. September 2011

Abschied

Ich bin von Lettland zurück nach Deutschland versetzt worden, genauer gesagt nach Schwalmtal, an den Niederrhein. Heute mittag ging mein Flugzeug, meine Sachen bringen mir zwei unglaublich liebe Schwestern - Sr. Marjolein und Sr. Magda - mit dem Auto in wenigen Tagen nach.
Ich habe den Abschied kommen sehen. Ich bin mit der Versetzung einverstanden. Ich freue mich auf die Heimat, auf Menschen, Orte, Lieder, Feste ... - und deutsche Brötchen! Es wird eine Menge Arbeit auf mich zu kommen, auch Herausforderungen, das ist der eigentliche Grund für die Versetzung. Auch darauf freue ich mich. Und doch...

Ich habe Lettland in 2 1/2 Jahren liebgewonnen. Die Menschen, die Natur, die Musik, die Liturgie ... - und den lettischen Meerrettich! So fiel mir der Abschied nicht ganz leicht. Viele Menschen haben mir beim Abschiednehmen geholfen: Freunde, unsere Studentinnen aus dem Haus, Gemeindemitglieder und natürlich die Mitschwestern - mit allen habe ich Abschied gefeiert, mich drücken und mir liebe Sachen sagen lassen. Ich habe Blumen, Süßes, einen Bären mit der Aufschrift "Jemand in Lettland hat dich sehr lieb" und manch anderes geschenkt bekommen und bin manch einen wichtigen Ort noch mal angefahren.

Trotzdem... Eigentlich wollte ich gestern noch ein letztes Mal ans Meer fahren, ganz allein. Dann hab ich das nicht mehr geschafft, es war noch so viel zu packen und zu putzen, und außerdem fing es dann an zu regnen. Da dachte ich: "Du hast dich gar nicht richtig verabschiedet."
Aber ist das richtig? Ich war zweimal am Meer mit dem Bewusstsein: oft kommst du hier nicht mehr hin. Aber beide Male fand ich es nicht schön genug, ich wollte für meinen Abschied den optimalen Moment und habe mir eingeredet: "ich komme schon nochmal hierher!" Hätte ich doch die beiden Besuche intensiver genutzt...

Wenn das jetzt mit meinem ganzen Leben so geht? Wenn ich eines Tages sterbe und denke: aber ich wollte doch noch einmal ... ? Keine Chance: Wenn der Abschied kommt, muss man gehen. Es hilft, wenn man weiß, wohin man geht und man sich darauf freut. Aber vorbereiten sollte man sich trotzdem. Hier und jetzt leben und nehmen, was kommt und sich daran freuen - nicht warten auf das Leben an einem fernen, optimalen Tag.
Es ist noch nicht zu spät: heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens.

Samstag, 10. September 2011

Ordensleute gegen Frauenhandel



Heute endet der erste Kongress des RENATE (Religious in Europe Networking Against Trafficking and Exploitation). Wir wollten mit dem Kongress auch die Schwestern des Osten Europas mit einbeziehen, denn das Problem ist ein globales.
Wir waren 76 Teilnehmern aus 19 Laendern und haben eine knappe Woche sehr intensiv gearbeitet. Es ist ein Anfang. Es ist wichtig, mit so vielen Personen und Organisationen als moeglich, zusammen zu arbeiten, denn wir haben einen starken und intelligenten Gegner (der Gewinn der Kriminellen steht auf der dritte Platz, nach Waffen- und Drogenhandel).
In jedem Fall wurden wir ermutigt, entschieden weiterzugehen.
Falls jemand Interesse hat, kann ich gerne einige kurze Videos schicken zur Verdeutlichung der Problemen.
Und von diesem Platz moechte ich jeden ermutigen, der einen Verdacht hat, dass irgendwo Menschen verhandelt oder ausgebeutet werden, das zu melden. in Deutschland gibt es u. A. Solwodi, in den niederlanden die SRTV (in google beide gut zu finden). oder bei der Polizei.
Nur wenn viele sich einsetzen koennen wir das Leben der verhandelten Frauen (und Maennern) menschlicher machen.

Freitag, 9. September 2011

Die Mücke in der Anbetung

Heute abend hatten wir - wie jeden Freitag - eine Stunde gemeinsame Anbetung. Ich hatte mich darauf gefreut: soviel Zeit zum Beten ist doch immer wieder ein Geschenk, und dann in unserer schönen Kapelle...
Allerdings hatte ich mich kaum ins Gebet vertieft, da hörte ich direkt an meinem Ohr das charakteristische Sirren einer Mücke, kurz darauf konnte ich sie auch sehen. Nun kann ich alle möglichen Viecher um mich rum in Ruhe fliegen lassen - aber Mücken? Nein! Nur die Anwesenheit der anderen Beter hat mich gehindert, auf der Stelle auf Jagd zu gehen, und es hat mich einige Kraft gekostet, die Gedanken wieder auf den Tabernakel zu lenken.
Warum erzähle ich das? Weil ich es für typisch für unser ganzes Glaubensleben halte. Wir sind ständig von allem möglichen umgeben, das uns signalisiert: "Beachte mich! Ich bin wichtig!" Anderes ist vielleicht nicht so wichtig, aber dafür dringend. "Wichtig UND dringend" gibt es natürlich auch. Manchmal ist das wirklich so, manchmal möchte aber auch eine Mücke zum Elefanten gemacht werden.
Wenn ich nun versuche, Gott in meinem Leben Raum zu verschaffen, dann muss ich Orte und Zeiten finden, an denen ich der Versuchung widerstehen kann, mich ständig um all diese wichtigen und dringenden Angelegenheiten zu kümmern. Klar: das Telefon hört gleich auf zu klingeln - aber Gott ist nach dem Telefonat ganz sicher immer noch da. Nur: Wenn ich mich jetzt vom Telefon im Gebet stören lasse, dann ist es gleich die Haustürklingel und danach ein Problem, über das ich noch nachdenken muss und danach vielleicht eine erlittene Kränkung, über die ich grübeln möchte.
Einen Ausweg finde ich erst, wenn ich meine Prioritäten kläre. Gibt es Zeiten, in denen ich mit Gott rede, weil Er mir wichtig ist und ich auf Seinen Willen hören möchte? Dann brauche ich dafür Ruhe! Anrufbeantworter an, Schild an die Tür, volle Konzentration: wenn ich in der Firma einen Termin mit dem Chef habe, darf ich auch nicht ans Handy gehen oder in Gedanken meinen nächsten Urlaub planen.
Wohlgemerkt: das alles nicht, weil Gott ein so strenger Chef wäre, der sonst zornig würde. Wenn mein Motiv Angst ist, wird mein Gebet zur lästigen Pflicht. Nein, ich will diese Zeiten der Ruhe, ich brauche sie, ich spüre, wie gut sie mir tun. Ich möchte Gott hören können, aber ich habe erfahren, dass seine Stimme recht leise ist. So übe ich mich im Zuhören - und Übung macht ja bekanntlich den Meister.

Mittwoch, 7. September 2011

Blog-Buße

Normalerweise blogge ich gerne, aber dieser Beitrag ist eine wahre Buße. Das meine ich wörtlich: ihn zu schreiben, wurde mir als Bußübung auferlegt.
Nun tun sich heute viele Menschen mit dem Begriff der Buße schwer. Die Assoziationen reichen vom theatralischen "Das wirst du mir büßen!" bis zum mittelalterlichen Büßerhemd. In unserem modernen Alltag scheint die Buße dagegen nicht mehr vorzukommen, daher sei vorab eine Erklärung gestattet.
Eigentlich ist Buße was Tolles: sie ermöglicht die Umkehr, wenn man sich von Gott und der kirchlichen Gemeinschaft entfernt hatte. Wir tun das auch heute noch ständig, im Kleinen und im Großen, nur haben wir zumindest in Deutschland den selbstverständlichen Umgang mit dem Bußsakrament verloren. In Lettland ist das anders: die Menschen beichten ganz regelmäßig und ohne großes Aufhebens. Es gehört zum kirchlichen Alltag dazu wie das Fensterputzen zum Haushalt: hin und wieder muss es eben sein, wenn man klar sehen will.
Die äußeren Formen der Buße sind dabei sehr unterschiedlich, auch im Laufe der Geschichte. Aber immer geht es darum, dass man sich innerlich abwendet von einem Verhalten, dass man als falsch erkannt hat - und das dann auch durch äußere Taten bekräftigt.
In Klöstern gibt es die Tradition des Schuldkapitels. Die Gemeinschaft versammelt sich zur Gewissensprüfung der Einzelnen. Meine älteren Schwestern haben mir häufig Geschichten erzählt, wie sie etwas zerbrochen hatten oder zu spät gekommen waren und dafür dann absurde Bußen auferlegt bekamen. Ich bin froh, dass diese Zeiten vorbei sind.
Heute sieht es in den Klöstern natürlich anders aus. Unser Schuldkapitel hat sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das auch von den Orden Reformen forderte, drastisch gewandelt. Es ist immer noch wichtig, miteinander darüber zu reden, wenn wir einander Unrecht tun, wenn etwas schief geht - aber niemand legt der anderen noch eine Buße auf.
Ich habe neulich auch etwas zerbrochen. Beim Putzen. Die Seifenschale an meinem Waschbecken. Klar: ich musste nicht die Scherben beim Schuldkapitel vor mir hertragen und mich dieser Tat anklagen - aber den Schwestern Bescheid sagen musste ich doch. Sie haben sehr empört getan und konnten sich doch das Lachen kaum verkneifen, weil ich wohl ziemlich zerknirscht aussah.
Nachkaufen kann man die Schale nicht einfach. In den Ring, der sie hielt, habe ich einen Seifenspender reingestellt, den ich geschenkt bekommen habe. Und jetzt? Da meinten sie, ich solle als Buße über diese Sache im Blog schreiben. Quasi eine öffentliche Beichte. Habe ich hiermit getan.
Alles in allem finde ich, ich bin mit meiner Buße gut weggekommen. :-)

Samstag, 3. September 2011

In flagranti

Nach dem dritten Mückenstich glaubt der Mensch an die Kollektivschuld.
So hat es eine meiner Schwestern mal festgestellt und ich finde diese Erkenntnis immer wieder bestätigt: da hockt eine arme Mücke irgendwo friedlich herum, tut nix Böses, überlegt vielleicht, ob sie noch irgendwo ein Bier trinken oder 'n bisschen abtanzen soll und - zack! - wird sie hinterrücks von irgendeinem Menschen ermordet, der ihr unterstellt, dass sie ihn in der kommenden Nacht hätte angreifen wollen. Unglaublich sowas, und doch geschieht es täglich!
Auch ich kann mich von dieser barbarischen Praxis nicht freisprechen. Allerdings: Heute Nacht hab ich die Richtige getroffen!
Mein Handy hatte mich mitten in der Nacht geweckt ("Hunger!"), sonst hätte ich den heimtückischen Angriff wohl verschlafen. Aber so hörte ich gerade noch rechtzeitig das verräterische Bsssssss. Glücklicherweise ist mein "Ich-hau-jede-Mücke-tot-Reflex" zuverlässig trainiert, so dass ich sie auch im Halbschlaf und Dunkelheit erwischt habe. Vollgesaugt war sie, sozusagen in flagranti erwischt. Heute morgen bestätigte sich dann der Verdacht: sie hatte es mir vorher am Fuß abgezapft!
Mmh... Erst tothauen und dann die Schuld prüfen? Wir erinnern uns an Immanuel Kant und seinen kategorischen Imperativ: Nein, das Handeln dieser Nacht machen wir besser nicht zur Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung. - Aber für eine Mücke war es ganz okay.

Donnerstag, 1. September 2011

Profess-Feier

Gerade habe ich die Bilder vom Fotografen bekommen. Hier also ein paar Appetitmacher. Ein ausführlicheres Fotoalbum habe ich auf facebook veröffentlicht (da schreibe ich unter "SchwesterBarbara Offermann").
Die Kapelle war so voll, dass wir zuerst nicht wussten, ob wir einen Einzug schaffen, oder ob die Priester nicht einfach durch die Sakristei reinkommen sollten.
Aber es waren doch so viele, dass es schade gewesen wäre: vier Dominikaner, darunter unser Mitbruder Bischof Vilhelms Lapelis, zwei befreundete Priester aus Südlettland und dazu die beiden, die sonntags abwechselnd zu uns kommen. Mit den Messdienern, uns Konventsschwestern und der Generalpriorin, das gab schon eine ganz ordentliche Prozession. Also haben wir uns einen Weg durch die Menge gebahnt.
Nachdem alle ihre Plätze gefunden hatten, hat der Bischof die Messe eröffnet und Sr. Sara die Gäste begrüßt - auf lettisch! Sie hat auch später die gesamte Professformel auf lettisch abgenommen, das war schon toll.
Zunächst kam nur der kurze erste Teil: "Sr. Diana?" "Hier bin ich." "Was erbittest Du?" usw. In diesem Teil werden auch die anwesenden Schwestern gefragt, ob sie bereit sind, Diana aufzunehmen. Es war abgesprochen, dass der Text erst auf lettisch gelesen wird, dann auf deutsch. Erst dann sollten alle antworten (auf lettisch oder in ihrer eigenen Sprache): "Wir sind bereit".
Ich gestehe: Ich hab's verpatzt! Ich war so ergriffen, dass ich die Absprache einfach vergessen habe. Ich hab gar nicht mehr dran gedacht, dass die Gäste den Text ja nicht verstehen können und auf die Übersetzung warten. Nach dem lettischen Text habe ich mit großer Überzeugung gesagt: "Mees esam gatavas!" und mich ein wenig gewundert, dass nur so wenig Schwestern zu hören waren. Mmh. Ich bin bereit - ihr nicht? Sozusagen ein klassischer Frühstart - ohne Wiederholungsmöglichkeit.
Naja, dann ging der Wortgottesdienst weiter und nach der Predigt folgte dann der Hauptteil: Diana bekam ihre Professkerze, dann folgte die Anrufung des Heiligen Geistes, während der Diana die Venia machte, das traditionsreiche Zeichen der Ganzhingabe.
Der nächste Ritus ist das Sprechen der Professformel - in die Hände der Generalpriorin. In unserer Kongregation können wir uns aussuchen, ob wir das im Stehen oder im Knieen tun wollen. Diana hat gekniet, trotzdem war es ein Gelübde auf Augenhöhe: Sr. Sara saß, auf dem Schoß eine aufgeschlagene Bibel. So wird deutlich, dass das Fundament unserer Profess nicht etwa der Wille der Generalpriorin ist, sondern der Wille Gottes, nachdem auch sie sich ausrichtet.
Dann bekam Diana ihr Professkreuz ("Es stärke dich und sei im Tod das Zeichen deiner Treue") und musste schließlich noch den Vertrag unterschreiben - das Ganze hat ja immerhin auch rechtliche Konsequenzen.
Dann ging die Messe normal mit der Eucharistiefeier weiter und nach dem Schlusssegen kam draußen noch die Gratulation. Es war einfach ein wunderschönes Fest - Dank sei Gott!