Dienstag, 20. Januar 2015

Ordensleute und der Kommunismus

Wenn man in einer Gemeinschaft lebt, versteht man sich mit den anderen mal besser, mal weniger gut. In diesem Video kommt Sr. Klarissa zu Wort, die sich bei den Ordensleuten für den Frieden engagiert. Ich teile durchaus nicht alle ihre politischen Ansichten, aber hier sagt sie ein paar Dinge, die ich gerne weitergeben möchte. Danke, Klarissa, für Deinen Einsatz für die Schwachen!
Armut unterm Bankenturm

Freitag, 16. Januar 2015

Katholiken und Muslime

Es reicht!
Also ich meine: es reicht wirklich.
Bevor mir jetzt wieder jemand Blauäugigkeit unterstellt: Ja, ich habe mitbekommen, was in Paris passiert ist. Und in Nigeria - obwohl die Presse da eher zurückhaltend war. Und ich weiß, dass laut Weltverfolgungsindex von opendoors 18 der 20 Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden, islamisch sind. Ich habe mich übrigens auch mehrfach öffentlich zu all dem geäußert, v.a. zur Christenverfolgung im Irak, weil da Dominikanerinnen direkt betroffen sind.
Ich weiß, dass die Täter all dieser Verbrechen sich auf den Islam und auf den Koran berufen und ich relativiere das nicht.
Aber ich weiß auch, dass es Moslems gibt, die friedlich sind und keine Andersgläubigen umbringen. Ich kenne persönlich Moslems, die gut integriert in unseren westlichen Gesellschaften leben und denen das auch wichtig ist.
Wie das Zahlenverhältnis von friedlichen und fanatischen Moslems weltweit ist, wage ich nicht zu beurteilen. 
Dass es bei manchen Moslems stillschweigendes Einverständnis für die Fanatiker gibt, ist eindeutig.
Dass die stumme Ablehnung von Gewalt sinnlos ist, hat uns Deutsche das Dritte Reich gelehrt. Wenn man gegen die Fanatiker ist, muss man das laut sagen und auch was dagegen tun. Vielleicht müssen das die Moslems weltweit gerade lernen.
Aber eines kann und will ich nicht akzeptieren: Dass Christen, gerade die, die sich besonders fromm fühlen, hingehen und in einer unglaublichen Arroganz verkünden, wie "der Islam" tickt. Und dass alle Muslime Verbrecher seien, weil das der Koran vorschreibt. Und wer als Moslem friedlich sei, der habe seine Religion eben nicht richtig verstanden. Weil "der Islam" eine teuflische Religion sei.
Wenn ich so etwas lese - und um solche Kommentare kommt man z.Zt. kaum herum, wenn man im Netz unterwegs ist - dann muss ich tief durchatmen. Und dann freue ich mich, dass ich katholisch bin. Denn meine Kirche hat vor 50 Jahren eine klare Haltung zu den nichtchristlichen Religionen entwickelt und verkündet. Eine, mit der ich gut leben kann. 
Sie wurde veröffentlicht als Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils, und wer als Katholik behauptet, friedliche Moslems kennten nur den Koran nicht richtig, dem kann man antworten, sie seien in ihrer eigenen Theologie wohl auch nicht so fit. Denn unsere katholische Kirche betrachtet die Muslime "mit Hochachtung" und ermahnt uns, uns um "gegenseitiges Verstehen zu bemühen".
Das nimmt nicht weg, dass wir die Unterschiede sehen und uns auch mit den Fanatikern oder den Fehlern islamischer Regierungen kritisch auseinandersetzen. Aber "die Katholiken" betrachten "die Muslime" zunächst einmal mit Respekt.
Vielleicht sollte man hinzufügen: Schön wär's.

Dienstag, 13. Januar 2015

Frag doch mal nach dem Zweiten Vatikanum!

Die heutige Frage ("Frag doch mal die Schwester", Teil 5) kommt von einer jungen Frau, betrifft eins meiner Lieblingsthemen und ist für mich eine echte Herausforderung:

"Gibt es eine kurze, knackige, aber gute Zusammenfassung vom 2. Vatikanum? Also konkret, welche Änderungen zu vorher etc.?"

Also, eigentlich ist die Antwort ganz einfach: Ja. 
Die Versammlung der Konzilsväter im Petersdom
Die beste Zusammenfassung, die ich kenne, ist das "Kleine Konzilskompendium" von Karl Rahner und Herbert Vorgrimler. Ein grünes Taschenbuch, erschienen im Herderverlag, steht in jeder Bücherei oder Bibliothek, die irgendwie mit der katholischen Kirche zu tun hat. Es liest sich ganz gut, enthält die kompletten Konzilstexte auf deutsch und erklärt viele Hintergründe. 
Allerdings hat es 775 Seiten, und vielleicht ist das doch nicht knackig genug...? Ich versuch mal, ein bisschen zu kürzen:
Das II.Vatikanische Konzil hat vom 11.10.1962 bis zum 8.12.1965 gedauert, unterbrochen vom Tod des Papstes Johannes XXIII. und der Wahl von Paul VI. Es war kurz gesagt ein update der Kirche, eine Aktualisierung ins 20. Jahrhundert.
Das erste Bemerkenswerte ist schon, dass das Konzil überhaupt stattgefunden hat, denn auf dem ersten Vatikanischen Konzil war das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes verkündet worden. Und nun meinten manche, eigentlich seien Diskussionen in der katholischen Kirche jetzt doch überflüssig. Weit gefehlt! Auf dem Zweiten Vatikanum wurde frei und offen diskutiert, viel mehr, als manche der Kirche vorher zugetraut hatten. Das war auch schon eine wichtige Änderung.
Im Vorfeld gab es eine Fülle von Themen, am Schluss kamen 16 Dokumente von unterschiedlicher Länge und Wichtigkeit heraus. Darin geht es u.a. um das Selbstverständnis der Kirche, um Liturgie, um die Rolle der Laien in der Kirche, um das Verhältnis der katholischen Kirche zu anderen Christen und zu anderen Religionen sowie um Religionsfreiheit. 
Konkrete Änderungen gab es so viele, dass manche Katholiken das Gefühl hatten, ihr Kirche hätte sich aufgelöst. Ich nehme mal drei Beispiele raus:
Das sichtbarste war wohl die Liturgie: bis zum Konzil wurde die Messe auf Latein gelesen, der Priester zelebrierte am Hochaltar, mit dem Rücken zur Gemeinde. Jetzt wurde gesagt, dass die "tätige Teilnahme" der Gemeinde wichtig sei. Die Menschen sollten verstehen, was in der Messe passiert und sie wirklich mitvollziehen. Also wurden die Texte in die verschiedenen Landessprachen übersetzt, die Altäre wurden von den Wänden abgerückt, die Priester wendeten sich den Gemeinden zu usw..
Eine andere Veränderung war die Rolle der Laien. Das ist heute vielleicht schwer zu verstehen, aber vor dem Konzil hatten eigentlich nur die Priester und die Ordensleute was zu melden. Normale Gläubige konnten ja nicht mal die Messe verstehen, sie hatten einfach ihren Rosenkranz zu beten und zu tun, was Herr Pastor sagte. Jetzt kommt das Konzil mit einem revolutionären Begriff: "das gemeinsame Priestertum der Gläubigen" (Lumen gentium 10) und das "hierarchische Priestertum". Beide sind zwar verschieden, gehören aber zusammen. Das soll heißen, auch die Laien sind nicht nur die (dummen) Schafe, die vom Hirten gehütet werden, nein, sie haben eine wichtige Aufgabe beim Aufbau der Kirche und des Gottesreiches. Das hat praktische Folgen in den Gemeinden gehabt, z.B. wurden danach die Pfarrgemeinderäte erfunden. In anderen Ländern geht das viel weiter: in Lateinamerika leiten Laien heute oft ganze Gemeinden. Eigentlich aus der Not heraus, weil es zu wenige Priester gibt, aber das Konzil hat eben ausdrücklich gesagt, dass die Laien einen Auftrag dazu haben, am Reich Gottes mitzubauen. Darin sind sie genau so wertvoll wie die Priester.
Ganz wichtig ist noch das Verhältnis der katholischen Kirche zu anderen Religionen. Bis zum Konzil hat die Kirche behauptet, die Wahrheit gepachtet zu haben. Außerhalb der (katholischen) Kirche gebe es kein Heil und keine Erlösung, war die feste Überzeugung. Jetzt entwickelt sich die Theologie weiter: Im Dekret über die nichtchristlichen Religionen heißt es, wir lehnen nichts von dem ab, "was in diesen [anderen] Religionen wahr und heilig ist". (Nostra aetate 2) Wir verkünden also weiter, dass Jesus Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, in dem wir die Fülle religiösen Lebens finden, aber wir können wesentlich entspannter mit Menschen umgehen, die das nicht glauben. Wir müssen sie nicht mehr bemitleiden, ablehnen oder missionieren - wie vor dem Konzil. Im Gegenteil. Da gibt es dann auch mal eine Formulierung wie diese: "Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslim, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat." Ganz vorsichtig kommt dann, worin sie sich von uns unterscheiden, aber zuerst mal ist das Verbindende wichtig. Ähnliches gibt es für alle großen Religionen, am meisten für die Juden. Dabei war eine ganz eintscheidende Veränderung die Art und Weise, wie geredet wurde: respektvoll statt herablassend, usw. Hier führt das jetzt aber zu weit, es waren ja eh nur ein paar kleine Beispiele.
Fazit: 
das II. Vatikanum hat die katholische Kirche einmal kräftig durchgeschüttelt und auf die Höhe der damaligen Zeit gebracht. Für Details empfehle ich das Kleine Konzilskompendium von Rahner/Vorgrimler. Meine Anmerkungen hier sind meist aus der Einleitung.

Wer Fragen für "Frag doch mal die Schwester" hat, kann sie mir gerne an sr.barbara@bethanien-op.org schicken.

Samstag, 10. Januar 2015

Frag doch mal nach der "Taufe des Herrn"!

"Frag doch mal die Schwester", Teil 4:
Was bedeutet eigentlich "Taufe des Herrn"?

Diese Frage kam im Zusammenhang mit unserer Rede über das Ende der Weihnachtszeit auf.
"Taufe des Herrn" feiern wir nämlich immer am ersten Sonntag nach dem 6. Januar, als Abschluss der Weihnachtszeit. Gemeint ist die Taufe Jesu, und die Szene, um die es geht, wird in mehreren Evangelien beschrieben: Johannes der Täufer ist mit seinen Jüngern am Jordan. Er tauft dort die Menschen als Zeichen der Buße und Bekehrung von den Sünden. Er wartet auf den Messias, den von Gott gesandten Retter. Jesus geht zu ihm und will wie alle anderen getauft werden, stellt sich sozusagen in die Warteschlange.
Viel später wird Johannes Jesus fragen, ob er der Messias ist, aber jetzt ahnt das noch niemand. Jesus ist ein Nobody. Johannes kennt ihn zwar schon, denn sie sind verwandt. (Seine Mutter Elisabeth ist eine Kusine oder so was ähnliches von Maria, der Mutter Jesu.) Aber noch hat Jesus nicht begonnen, in der Öffentlichkeit aufzutreten.
Das kommt jetzt.
Als Jesus nämlich in den Jordan runtersteigt, öffnet sich der Himmel, und eine Stimme sagt: "Dies ist mein geliebter Sohn. Hört auf ihn." Die Stimme Gottes? So wird es jedenfalls berichtet. Genau wissen wir das natürlich nicht, aber dass diese Taufe stattgefunden hat, ist ziemlich sicher. Es war nämlich für die junge christliche Gemeinde eigentlich ein bisschen peinlich, dass Jesus sich da so klein machte. Das hätten sie bestimmt nicht dazu erfunden.
Jedenfalls ist die Taufe Jesu sozusagen der Startschuss für sein öffentliches Wirken - und deshalb schließt dieses Fest heute auch den Weihnachtsfestkreis. Ab Montag ist in der Kirche wieder liturgischer Alltag.

Wenn ihr eine Frage für "Frag doch mal die Schwester" habt, schickt sie einfach an >sr.barbara@bethanien-op.org<!
Bildquelle: Dieter Schütz@pixelio.de

Freitag, 9. Januar 2015

Statt über die Leber lieber durchs Herz....

Unser Adventskalender stand ja unter dem Motto "Auf dem Weg...", hier nun ein kleiner Nachklang:
Kürzlich fiel mir beim Sortieren eines der Spendenkartons für unsere Kleiderkammer eine Anstecknadel in die Hand, die drei Fußabdrücke zeigt, und ich heftete sie mir an die Jacke, über das Herz.
Warum?
Damit mich die kleinen Fußabdrücke daran erinnern, dass ich ganz besonders denen, die mir ständig über die Leber laufen, einen Weg in meinem Herzen bahnen will. - Das ist natürlich nicht immer so einfach, aber mit den Füßchen beginne ich wenigstens schon mal zu lächeln, wenn da einer an einer für mich schmerzhaften Stelle "rumstapft" und nehme ihn mit ins Gebet.
Vielen Dank dem Spender!

Donnerstag, 8. Januar 2015

Frag doch mal, warum Gott zulässt, dass...

"Frag doch mal die Schwester", Teil 3:

Warum lässt Gott zu, dass manche Menschen mit Betrug mehr Erfolg haben als andere, die ehrlich sind?

Ursprünglich hatte der Fragesteller wohl an Schüler oder Studenten gedacht, die bei Prüfungen betrügen. Aber nach dem Terroranschlag gestern in Paris darf ich die Frage vielleicht noch etwas ergänzen:

Warum lässt Gott zu, dass Menschen andere verletzen und sogar ermorden? 
Warum lässt Gott überhaupt zu, dass Menschen Böses tun und damit durchkommen?

Gott hat uns Menschen geschaffen und liebt uns. Er hat uns die Freiheit gegeben, uns für oder gegen Ihn und Seine Regeln zu entscheiden. Das ist (laut der biblischen Legende) schon ganz am Anfang schief gelaufen, als Adam und Eva im Paradies gegen den Willen Gottes handelten. Sie aßen vom Baum der Erkenntnis. Jetzt wussten sie, was gut und was böse war. Damit verloren sie ihre Unschuld, ihr Paradies. Aber es geht nicht anders. Gott will ja keine Sklaven, keine Marionetten, die nur automatisch und ferngesteuert seine Gesetze erfüllen. Er hat uns nach seinem Wesen erschaffen, dazu gehört der freie Wille.
Soweit die Urlegende. Was bedeutet das jetzt für uns heute?
Wir Menschen wissen, was gut und was schlecht ist (meistens jedenfalls). Wir haben ein Gewissen. Trotzdem handeln wir nicht immer gut. Wir verletzen einander, wir schaden auch uns selber. Aber Gott greift nicht ein.
Gott respektiert unseren Willen. Er zwingt uns nicht seine Regeln auf, auch nicht die, die für uns und für die Welt gut wären. Gott vergewaltigt uns nicht.
Jetzt meinen manche, weil Er nicht mit Blitz und Donner dreinfährt, um viele üble Dinge zu verhindern, habe Er sich von der Welt abgewandt und kümmere sich gar nicht mehr darum, was hier passiert. Aber Gott hat noch ganz andere Möglichkeiten. Sein Heiliger Geist weht, wo er will und berührt die Herzen der Menschen. Er gibt uns Ideen, Mut und Kraft, Gutes zu wirken. Gott wirkt auch durch Menschen. Jeder von uns kann zu einem Werkzeug seines Friedens werden. Die Entscheidung dazu nimmt er uns allerdings nicht ab. Wir müssen schon selber losgehen.

Fragen für "Frag doch mal die Schwester" könnt ihr an sr.barbara@bethanien-op.org schicken.
Bildquelle: Dieter Schütz@pixelio.de

Mittwoch, 7. Januar 2015

Frag doch mal nach dem Ende der Weihnachtszeit!

"Frag doch mal die Schwester" 2:

Wann endet eigentlich die Weihnachtszeit?

Klarer Fall: Früher war das am zweiten Februar. Das Fest wird oft "Mariä Lichtmess" genannt, heißt aber auch und besser "Darstellung des Herrn". An diesem Tag wird gefeiert, dass Maria und Josef ihren Erstgeborenen in den Tempel bringen, so wie es das jüdische Gesetz vorschreibt. Da wird er Gott geweiht und durch ein Geldopfer ausgelöst. Laut jüdischem Glauben gehört jede männliche Erstgeburt nämlich Gott.
Das passiert am 40. Tag nach der Geburt, also liegt das Fest immer im gleichen Abstand zu Weihnachten, eben am zweiten Februar.
Allerdings wurde diese Tradition in der Liturgiereform Mitte der 1960er Jahre geändert. Seitdem endet die Weihnachtszeit schon am ersten Sonntag nach dem sechsten Januar. Da ist das Fest "Taufe des Herrn". 
Das hat jetzt mit Weihnachten eigentlich nicht so viel zu tun, sondern mehr damit, dass ab mit diesem Tag in der Liturgie wieder die normale Zeit beginnt. Denn an "Taufe des Herrn" feiern wir den Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu. 
Aber dazu schreibe ich in einem der nächsten Artikel noch etwas mehr.
Jedenfalls wurde die Weihnachtszeit verkürzt (was ein Jammer ist, wegen der schönen Lieder, die man jetzt nur noch so kurze Zeit singen kann). Krippe und Weihnachtsbaum kann man aber trotzdem bis zum zweiten Februar stehen lassen (falls der Baum nicht zu sehr nadelt). :)
In diesem Sinne: genießt die letzten Weihnachtstage!

Wer eine Frage für die Reihe "Frag doch mal die Schwester" hat, kann sie mir gerne schicken: >sr.barbara@bethanien-op.org< Ich versuche dann, sie möglichst schlau zu beantworten.

Dienstag, 6. Januar 2015

Frag doch mal ... die Schwester Barbara!

In der letzten Zeit sind verschiedene Menschen mit ganz unterschiedlichen Fragen auf mich zu gekommen. Manchen war es unangenehm, fundamentales Wissen zu erfragen, aber ich finde es immer wieder spannend zu erfahren, was die Leute überhaupt an Kirche, Religion und Glauben interessiert. Außerdem gibt es ja keine doofen Fragen, sondern höchstens doofe Antworten. Deshalb beginne ich hier und jetzt die Reihe "Frag doch mal die Schwester Barbara". (Ich meine, ihr könnt es mit euren Fragen natürlich auch bei der Maus versuchen oder bei Wikipedia. Aber wer zu mir kommt, dem werde ich so gut ich kann antworten.)

Die erste Frage - passend zum heutigen Fest Dreikönige - bezieht sich auf diese Karikatur. 
Leider kann ich die Bildquelle nicht korrekt angeben, ich habe die Zeichnung auf facebook gefunden und dort geteilt. So kam dort auch die Frage auf, wer denn bitte der Araber sein sollte. Maria, Josef und Jesus sind die Flüchtlinge, die Hirten auf dem Feld sind die Juden, aber Neger und Araber?
Gemeint sind die "Heiligen drei Könige". Wenn in diesen Tagen die Kinder als Sternsinger durch die Gemeinden gehen, sehen wir sie ja auch: einer immer schwarz geschminkt. Aber die Frage ist trotzdem berechtigt: wo steht denn in der Bibel was von Negern und Arabern?
Man muss es ganz deutlich sagen: in der Bibel steht davon nichts. Dort werden nur die "Sterndeuter aus dem Osten" erwähnt. Die haben einen Stern gesehen, kommen nach Jerusalem und fragen dort den König Herodes, wo der neugeborene König der Juden sei. Der fragt die Hohenpriester, die gucken in die heiligen Schriften, da steht Bethlehem. Also gehen die Sterndeuter nach Bethlehem, unterwegs sehen sie auch wieder den Stern und folgen ihm bis zum Stall (weil in den heiligen Schriften nur der Ort stand, aber nicht die Straße und Hausnummer). Sie bringen dem kleinen Jesus Gold, Weihrauch und Myrrhe und gehen wieder. Allerdings vermeiden sie es, Herodes noch einmal zu begegnen, der den neugeborenen König als mögliche Konkurrenz gerne umbringen würde. Soweit die Erzählung des Evangelisten Matthäus, Kapitel 2.
Warum aber behaupten wir heute, diese Sterndeuter seien die drei Könige Caspar, Melchior und Baltasar? Warum schminken sich unsere Sternsinger schwarz?
Ein klarer Fall: da die biblische Vorlage in dieser Hinsicht nichts hergibt, haben sich im Laufe der Jahrhunderte die unterschiedlichsten Traditionen herausgebildet. Weder die Zahl der Könige noch ihre Namen sind festgelegt oder überprüfbar, erst recht nicht ihre Nationalität. 
Eine Tradition, die mir sehr gefällt, ist die Darstellung der drei als junger, mittelalter und alter Mann aus drei verschiedenen Erdteilen. Das soll nämlich bedeuten, dass alle Heiden (also alle Menschen, die keine Juden waren), Jesus suchen und finden - weltweit. (Heute müssten es fünf Könige sein, aber als die Legende entstand, waren dort, wo sie entstand, nur drei Erdteile bekannt: Europa, Asien und Afrika!)
In diesem Sinne ist meine Antwort: Der Araber ist eigentlich nicht nur ein Araber, sondern auch ein Jugoslawe, ein Rumäne und ein Bulgare. Und dann hat der Zeichner noch den dritten vergessen: den Vietnamesen, Chinesen oder Japaner.

Wer möchte, kann mir gerne eine Frage schicken, am besten per email (sr.barbara@bethanien-op.org), ich versuche dann, sie einigermaßen richtig zu beantworten - gerne auch anonym.

Montag, 5. Januar 2015

Schuld und Verantwortung

Zu Weihnachten bekam ich das Buch: "Die Würde ist unantastbar" von Ferdinand von Schirach geschenkt.
Ich habe es gern gelesen und fand viel Interessantes darin. Im Kapitel "Die Würde der Fürchterlichsten" geht es um die Menschenrechtsklage von Magnus Gäfgen, der 2002 den elfjährigen Jakob von Metzler nach seiner Entführung qualvoll tötete. Das unter Androhung von Schmerzen von Gäfgen gemachte Geständnis war im Prozess zu Recht, meint der Autor unverwertbar. Da gehe ich voll mit, allerdings macht er dem Rechtsanwalt von Gäfgen einen Schuldvorwurf, weil der seinen Mandanten dazu bewegt hat, vor Gericht ein erneutes Geständnis abzulegen, freiwillig, aus Reue, um die Verantwortung für seine Tat zu übernehmen. Hat der Rechtsanwalt versagt, weil er dies angeraten hat und der Mörder so nicht ungestraft davon kam, was durchaus im Bereich des Möglichen gelegen hätte? Muss der Verteidiger immer Gegenspieler des Gerichts sein, vertritt er nur dann die Interessen seines Mandanten?
Hier bin ich anderer Meinung als von Schirach. Ich kann mich sehr gut an ein mich bewegendes Interview im Radio erinnern, in dem der Rechtsanwalt von Gäfgen sagte, er werde seinem Mandanten raten, die Verantwortung für seine Tat zu übernehmen. Ist das nicht auch ein Wert, ein Interesse des Schuldigen, sich selbst später im Spiegel anschauen zu können, mit dem Wissen einen großen, schwerwiegenden Fehler gemacht zu haben, aber auch die Konsequenzen dafür zu tragen? Ich finde, dass derjenige, der mir hilft die Verantwortung für meine Fehler zu übernehmen, durchaus in meinem Interesse handelt. Und macht sich nicht eher der Rechtsanwalt mindestens moralisch schuldig, der seinen schuldigen Mandanten frei davon kommen lässt und ihn so möglicherweise zu einer Wiederholung seiner Handlung veranlasst, weil ja nichts passiert?
An diesem Punkt möchte ich kein Rechtsanwalt sein, wenn sich nur mein Erfolg daran misst, dass ich Schuldige nicht verteidige, sondern rausboxe und mir dabei jedes Mittel gelegen kommt.
Und ich verstehe ehrlich nicht, dass Herr von Schirach hier die Meinung vertritt, der Verteidiger hätte sich dafür einsetzen müssen, den Kindsmörder Gäfgen ungestraft davon kommen zu lassen, an anderer Stelle im selben Buch aber zweimal bemerkt, dass die Richter für jeden Mord eines NS- Täters nur fünf Minuten Freiheitsstrafe verhängt haben. Lag das an den erfolgreichen Gegenspielern des Gerichts?