Dienstag, 5. August 2014

Von Selfies und anderen Eitelkeiten

Neulich habe ich in einer Buchvorstellung gelesen, heutige Jugendliche lernten schon früh, sich gut zu verkaufen. Sie achteten mehr darauf, wie sie aussehen und wie andere sie sehen, als darauf, wie sie sich selber fühlen und wer sie sind.
Das hat mir sehr zu denken gegeben, denn ich finde, da ist viel Wahres dran. Vor allem aber merke ich, dass der Sog der Medien und ihrer neuen Möglichkeiten auch mich erfasst - obwohl ich ja wirklich nicht mehr zu der hier beschriebenen Generation gehöre. Aber unsere gesamte Gesellschaft ist inzwischen dabei, sich ständig selber zu fotografieren oder zu filmen und anderen selbst die banalsten Ereignisse des Alltags zu erzählen.
Auf Facebook ist das überdeutlich, wo Leute Fotos ihres Abendessens veröffentlichen oder allen ihren "Freunden" erzählen, dass sie sich gerade ein bisschen langweilen oder Kopfschmerzen haben. Aber auch das Fernsehen hat viel Erfolg mit Sendungen, die möglichst authentisch den normalen Alltag von normalen Menschen zeigen. Jetzt fordert der WDR alle Menschen in NRW auf, ihre Arbeit zu filmen und will aus diesen Videoclips eine Collage zusammenstellen. Vor zwei Jahren ist auf diese Weise eine hervorragende Dokumentation über den Alltag in NRW eintstanden. 35.000 Videos wurden damals eingesandt.
Jetzt also Schwerpunkt Arbeit. Ich mache auch mit, denn ich finde, Ordensleute sollten in einer solchen Doku nicht fehlen. Keine Ahnung, ob mein Clip genommen wird, aber es macht mir Spaß, (mit Hilfe einer Kollegin) meinen Arbeitsalltag zu filmen. Bin ich also auch schon ein Selbstdarsteller geworden? Als Ordensfrau frage ich mich auch ganz altmodisch: bin ich eitel?
Ja, ich denke, das bin ich, oder sagen wir mal: manchmal ja, manchmal nein. Es ist mir jedenfalls nicht egal, wie ich wirke. Und ich finde das auch gar nicht so schlimm. Ein bisschen Eitelkeit ist vielleicht sogar notwendig, damit man auf sich selber achtet und sich nicht vernachlässigt. Kritisch wird es aber dann, wenn ich Äußerlichkeiten wichtiger nehme als meine inneren Werte und Überzeugungen. Und vor allem wird es schwierig, wenn ich mich dabei verliere, wenn ich nicht mehr spüre, wer ich bin, was oder wer mein Ursprung und mein Ziel ist.
Im Gebet und in der Meditation versuchen wir genau das immer wieder zu tun, zu unserer Mitte zurückzukehren, uns wieder stets von neuem in Gott, unserem Ursprung zu verankern und von da aus einen anderen Blick auf alles zu werfen, das uns begegnet. Wem das gelingt, der wird weder sich selbst, noch irgendeinen anderen Menschen oder die allgemeine Tagesmeinung allzu wichtig nehmen. Der darf auch ruhig Spaß daran haben, ein Selfie zu schießen - denn er wird dabei nicht um sich selber kreisen.

3 Kommentare:

  1. Liebe Schwester Barbara,
    ich schätze Ihre Beiträge sehr. Sie bereichern meinen Alltag, stimmen mich oft genug nachdenklich oder erfreuen mich einfach. Sie laden ein, den Blick zu weiten. Das tut gut und dafür bin ich dankbar. Möge diese Rückmeldung Ihrer ganz angemessenen und sympathischen Eitelkeit schmeicheln. :-)

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  2. Wie stellt man sich dar, wie spricht man, welche Themen wählt man, kommuniziert man positiv? Selfies zeigen das nicht.

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  3. Herzlichen Dank!
    Ja, Selfies - sofern man darunter Standbilder versteht - zeigen sehr viel weniger als Filme. Und Filme zeigen immer noch nicht unbedingt, wie man sich normalerweise verhalten würde. Hervorragender Film zu diesem Thema: die Truman-Show

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