Dienstag, 3. Juni 2014

Neulich beim Altwagenhändler ...

...war ich dann doch etwas überrascht: der Panzer für den Privatbedarf? Natürlich mit Gummireifen und ohne Ketten, damit er auch straßentauglich ist...
Immer wieder werde ich gefragt, wie es uns denn hier in Lettland geht und wie wir uns angesichts der Ereignisse in der Ukraine fühlen, aber die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten.
Die Bestürzung über die Ereignisse auf der Krim war groß, war doch eine von uns erst kurz zuvor dort gewesen. Sie hatte dort bei Schwestern einer anderen Gemeinschaft einwöchige Exerzitien gehalten. - Eine von ihnen schrieb, als die Kommunikation wieder möglich war, für eine katholische Zeitung in Lettland einen kurzen Bericht. Sie erzählte, dass die Ereignisse von langer Hand vorbereitet gewesen sein müssen, da schon zwei Tage nach der "spontanen Entscheidung" für das Referendum überall die Plakate hingen, was ohne längeren Vorlauf nicht möglich gewesen wäre. Nachdem die Schwestern den Film "Von Göttern und Menschen" geschaut hatten, trafen sie die Entscheidung dort zu bleiben, solange ihre Visa das zulassen. Viele Menschen verließen die Krim, auch aus der kleinen Kirchengemeinde, aber nicht wegen ihres Glaubens, sondern weil sie die russische Staatsbürgerschaft nicht annehmen wollten. Den Betrieben wurde erlaubt, den Wechsel der Staatsbürgerschaft zu fordern, wobei die Weigerung als Kündigungsgrund anerkannt wird. 
Dass uns prompt amerikanische Kriegsflieger und einige Soldaten geschickt wurden, war hier allerdings keine wirkliche Beruhigung. Wenn man sich mit den Menschen unterhält, ist das Vertrauen darauf, dass uns im Ernstfall jemand militärisch helfen würde, nicht sehr groß - UN-Zugehörigkeit hin oder her.
Es wird zwar nicht laut ausgesprochen, doch es gibt eine unterschwellige Angespanntheit. Und allen halb scherzhaften Bemerkungen über die Möglichkeit, dass sich Russland für das Baltikum interessieren könnte, folgen sehr ernsthafte Stoßgebete, dass Gott das verhindern möge!
Die Stimmung schwankt, zumindest bei denen, die sich noch an die sowjetische Zeit erinnern, irgendwie zwischen Besorgnis und Gelassenheit. - Es ist hier normal, dass alte Flieger und Fahrzeuge verkauft werden, wenn man sie in die Finger bekommt, warum nicht auch einen Panzer? Darüber wird geschmunzelt und das leichte Unwohlsein im Magen ignoriert, wenn es denn da ist. Wir versuchen, unser Leben so gut wie möglich zu leben, ebenso wie unseren Glauben, und das werden wir auch weiterhin tun. 
Die Aufmerksamkeit gilt allerdings nicht dem, was sein könnte, sondern dem, was jetzt ist.  Und jeder Tag hat genug eigene Sorgen, denen mit Gottvertrauen und Lebensfreude - und ohne Privatpanzer - zu begegnen ist.

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