Donnerstag, 19. Februar 2015

Das christliche Abendland...

...und seine Gefährdung.
Es gibt Menschen, die fürchten die Islamisierung des Abendlandes. Ich verstehe, wieso sie auf diesen Gedanken kommen, aber mir fällt auch auf, dass sie nicht vom "christlichen Abendland" sprechen, es geht ihnen also um Kultur, nicht um Religion.
Ich fürchte mich auch. Ich sehe unser Abendland massiv bedroht, aber vor allem, weil ich unsere Kultur und die christliche Religion nicht trennen kann. Ich habe mich darüber an dieser Stelle auch schon ausgelassen und möchte mich nicht wiederholen. Aber aus aktuellem Anlass eines noch:
Da diskutieren wir im ehemals so erzkatholischen Münster ernsthaft, ob sich die Kommune noch an der Finanzierung des Katholikentages beteiligen soll. Das einzige stichhaltige Argument scheint schließlich das wirtschaftliche zu sein: man kann nachweisen, dass die Katholikentage den gastgebenden Städten insgesamt wesentlich mehr Einnahmen bringen als sie Kosten verursachen.
Ist das wirklich alles, worauf es in unserer Gesellschaft noch ankommt?
Katholikentage werden zwar von Katholiken organisiert, sind aber für Menschen aller Glaubensbekenntnisse inklusive Atheisten offen. Das sollte eigentlich bekannt sein. Dass dort eine Fülle von hochrangig besetzten Vorträgen und Diskussionspodien stattfindet, in denen es bei weitem nicht nur um Religion, sondern auch um unsere Verantwortung für den Frieden in der Welt, soziale Gerechtigkeit, die Bewahrung der Schöpfung u.v.a.m. geht, kann auch jeder wissen, der sich mit dem Thema je vorurteilsfrei auseinandergesetzt hat. Insofern sind Katholikentage ebenso wie die evangelischen Kirchentage ein Beitrag zu unserem kulturellen Leben. In ihnen kommt die im christlichen Abendland so wichtige Meinungsfreiheit zum Ausdruck und die Verantwortung des Einzelnen für das Gemeinwesen. Auf ihren Bühnen werden unsere ethischen Werte diskutiert, mit denen der säkularen Umgebung abgeglichen und weiterentwickelt.
Wer das nicht mehr will, wen nur noch interessiert, ob ein solches Event auch ordentlich Umsatz bringt, der braucht sich um die Islamisten keine Sorgen zu machen. Die säkularistischen Tendenzen in Deutschland sind derartig aggressiv, dass wir unser christliches Abendland ganz locker selber zugrunde richten.

4 Kommentare:

  1. Zum Thema religiöser Gewalt nochmal dieses:
    Im Islam ist die Rede vom "Allerbarmer", im Christentum jene vom "Pontifex maximus", vom obersten(!) Brückenbauer.
    Von der Wortwahl her eigentlich eine schöne Voraussetzung, um als Menschen aufeinander zuzugehen. Es bleibt da allerdings offenkundig noch einiges zu tun...

    Wenn jetzt von islamistischer Seite gräßlichste Gewalt vorgeführt wird, so haben alle Menschen - auch Christen - ein Recht darauf zu fordern, daß sämtliche Grausamkeiten umgehend beendet werden. Das ist ein Menschenrecht, genauso wie unsere reaktiven Gefühle von Wut und Haß. Und wenn Christen fordern, daß keine Christen attackiert werden, so ist das - nun? - ebenfalls ein Menschenrecht.
    Genuin christlich ist das allerdings nicht.
    Christlich wäre es, sich dafür zu interessieren, zu fragen, warum ein anderer Mensch derart böse geworden ist, daß er etwa Anderen Körperteile abhackt. Kein Kind kommt auf die Welt, um seinem Nächsten Körperteile abzuhacken. Irgendetwas ist da fürchterlich schiefgelaufen.
    Und jetzt wird´s sehr schwer, auch für mich selber: Laut Jesuswort befindet sich der "Balken" immer in meinem eigenen Auge, der "Splitter" steckt beim Nächsten drin. Mein "Nächster" ist allerdings nun auch dieser Gewalttäter...
    Der erste Schritt in Richtung Realisierung dieses Jesuswortes wäre wohl eine bescheidenere, demütigere, menschlichere Wortwahl in "christlichen" Foren...
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    Peter Friedrich21. Februar 2015 um 00:33

    Ergänzung zum Thema Pegida, Zitat Michael Stürzenberger: "Über seine vielen Auslandsaufenthalte hat er sein eigenes Volk schätzen gelernt. Nur mit dieser Liebe zu sich selbst kann man auch andere lieben. Das gilt für den einzelnen Menschen im persönlichen Umgang mit anderen genauso wie für den Umgang der Deutschen mit anderen Völkern." -

    Daß wir in Deutschland so manche Errungenschaft dankbar wertschätzen dürfen, ist völlig unbenommen.
    Niemals jedoch, niemals wieder, dürfen wir Grundeinsichten der religiösen Existenzphilosophie vermatschen mit auch nur irgendwelchen gruppen - und nationalbezogenen Interessen.
    Die neutestamentliche Reziprozität von der aus der Resonanz mit der absolut liebenden Person Gottes abgeleiteten Selbstakzeptanz und der liebenden Annahme meines Nächsten kann sich nur auf den einzelnen Menschen und sein fühlendes Herz beziehen. "Das Christentum ist die Kategorie des Einzelnen", so definiert es sehr klar Eugen Drewermann.
    Erst aus dieser Selbstakzeptanz heraus wird der Mensch zum Menschen, im besten Fall zum Menschen unter anderen Menschen.
    Gruß

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  2. Vielen Dank für diesen Kommentar! Ja, es ist schwierig, auch für uns selber. Kein Widerspruch, nur eine kleine Ergänzung hätte ich noch: Der Pontifex maximus ist eine Bezeichnung für einen Menschen, den Papst. Der Allerbarmer ist eine islamische Umschreibung Gottes, die wir im Christentum exakt so finden. Wir sagen: "Gott ist allbarmherzig".

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    1. Danke, Sr. Barbara!
      Meine Hoffnung liegt darin, daß immer mehr religiöse Menschen erkennen, daß die genannten wunderbaren Begriffe, mit denen sie Tag für Tag umgehen, aus der Sehnsucht aller menschlichen Herzen hervorgegangen sind und daß in dieser Sehnsucht bereits enthalten ist, was Menschen suchen. Denn gerade diese Sehnsucht nach personalem Zuspruch bietet Orientierung in der Lebensausrichtung schlechthin. Blaise Pascal läßt Gott zum Menschen sagen: Tröste Dich! Da Du mich suchest, hast Du mich bereits gefunden.
      Lieben Gruß

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    2. Diese Hoffnung teilen wir. Und Blaise Pascal ist hier ganz nah an der Bibel: "Ich stehe vor der Tür und klopfe an". Meine Lieblingsmystiker sehen es genauso - es muss was dran sein. :)
      Einen gesegneten Tag!

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